Susan Sontag

Wiedergeboren

Tagebücher 1947-1963
Cover: Wiedergeboren
Carl Hanser Verlag, München 2010
ISBN 9783446234949
Gebunden, 384 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Kathrin Razum. Bereits mit fünfzehn vertiefte sie sich in Rilke und Gide, mit siebzehn heiratete sie ihren Professor: Susan Sontag war eine ungewöhnliche Frau. Ihr Lebenshunger und ihre unstillbare Wissbegierde führten die junge Intellektuelle von Kalifornien nach Chicago, später nach Paris und New York. Die frühen Tagebuchnotizen der Kunstbegeisterten bieten unvermutete Einblicke in ihre widersprüchliche Persönlichkeit: Das Private - ihre Ehekrise, ihre Liebschaften und ihre Homosexualität - sind der Anlass für weitreichende, tiefsinnige Betrachtungen. Ihr intimes Selbstporträt ist das Zeugnis eines einzigartigen intellektuellen Werdegangs und gleichzeitig ein Zeitdokument ersten Rangs.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 30.04.2010

Tanja Schwarzenbach scheint ganz trunken vom Herumwühlen im Nachlass Susan Sontags im Keller der University of California. Die Vorstellung des ersten Teils von Sontags Tagebüchern (1947-1963) gerät darüber leider ins Hintertreffen. Allerdings findet Schwarzenbach für uns heraus, dass die Bücher wohl für die Öffentlichkeit bestimmt waren, käme das doch, so mutmaßt die Rezensentin, dem Wunsch der Autorin entgegen, nicht nur als Essayistin und Intellektuelle, sondern auch als bedeutende Literatin in Erinnerung zu bleiben. Die Bücher selbst, schreibt Schwarzenbach, seien mal kryptisch, mal detailliert und sehr intim.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 18.03.2010

Wenn diese Tagebücher eine Wahrheit abbilden, schreibt Susanne Mayer, dann die "einer komplexen Mutter-Sohn-Beziehung". Aber das ist wohl auch schon alles. Auch der Begriff "Indiskretion" fällt. Denn der Kritikerin scheint das Projekt von Susan Sontags Sohn David Rieff, diese Tagebücher aus einer Zeit zu publizieren, als Susan Sontag noch nicht die weltberühmte Essayistin war, ein höchst fragwürdiges und auch nicht sehr lohnendes Unternehmen. Nicht nur, dass die ersten Einträge von der 14-jährigen Sontag stammen und Mayer die Lektüre oft als quälend empfindet. Die meisten Einträge sagen der Kritikerin zufolge auch wenig aus. Zudem ärgert sie die editorische Nachlässigkeit: Namen würden nicht erklärt, Auslassungen nicht gekennzeichnet, zeitliche Abläufe meist nicht deutlich. Gelegentliche Einwürfe des Sohnes in den Text zeigen der Kritikerin nur, dass dieser sich als "master of ceremonies" und Produzent der Wahrheit über seine Mutter beim Leser in Erinnerung bringen will.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.03.2010

Thomas Steinfeld zeigt sich tief beeindruckt vom "Selbstbildungsroman" einer bedingungslosen Intellektuellen, als den er diesen ersten Band mit einer Auswahl aus Susan Sontags Tagebüchern von 1947-1963 gelesen hat. Die "analytische Kälte", die ihm aus den Notizen über die eigene Entwicklung aber auch beispielsweise über einen Besuch bei Thomas Mann, den die 17-Jährige unternahm, entgegenschlägt, sind Teil dieser Faszination, wie er zugibt. Ebenso beeindruckend findet er die Dokumentation ihrer umfangreichen Literatur-, Musik- und Filmlisten, mit denen die Autorin ihre Selbstbildung vorantrieb. Neben ihrer intellektuellen Bildung ist es aber die Sexualität, die Sontag umtreibt, wobei sie zumeist als die glücklos Werbende erscheint, wie Steinfeld feststellt. Der Rezensent hat in diesen Tagebuch-Auszügen durchaus Entblößendes, Peinliches und Indiskretes gefunden, es überwiegt bei ihm aber das "Staunen über die Größe des Projekts, zu dem Susan Sontag sich selber machte", wie er betont. Am Ende lässt er noch einen Stoßseufzer hören, dass es derartige Intellektuelle vom Zuschnitt Sontags, die sich anstatt zu Moralisieren gänzlich der "Intellektualität" verschrieben hätte, heute nicht finden lassen.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.03.2010

Ein bisschen zu viel der Einblicke ins Privatleben von Amerikas scharfsichtigster Kritikerin enthält dieser erste Band von Susan Sontags Tagebüchern nach Meinung des Rezensenten. Außer als Ort der reflexiven Selbstvergewisserung anhand von Literatur, Sprache, Sexualität, Judentum, Film und dokumentierten Beziehungsdramen (als Vorstufe der berühmten Essays) begreift Oliver Pfohlmann den Band vor allem als Ansammlung von Listen: zu lesende und gelesene Bücher, Stücke, Filme, aber auch Fehler und Selbstermahnungen. Für den Rezensenten zeigt sich darin, wie in Sontags Gedanken zu ihrer sexuellen Identität, eine tiefe Verunsicherung, die Kehrseite einer intellektuellen Existenz.