Benjamin Moser

Sontag

Die Biografie
Cover: Sontag
Penguin Verlag, München 2020
ISBN 9783328601593
Gebunden, 928 Seiten, 40,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Hainer Kober. Mit einem 32-seitigem Bildteil. Susan Sontags glamouröse Erscheinung ist so legendär wie ihr schneidender Verstand. Das Themenspektrum, das sie in ihrem beeindruckenden literarischen Werk bearbeitete, reicht von postabstrakter Malerei über Pornografie und Existenzialismus bis hin zu Krebs und Kriegsfotografie. Für seine monumentale Biografie dieser Literaturikone des 20. Jahrhunderts konnte Benjamin Moser zahlreiche private Aufzeichnungen auswerten und erstmals Lebensgefährten wie Annie Leibovitz befragen. Sein Porträt vermisst das Leben und den geistigen Kosmos dieser Intellektuellen, die wohl ebenso sehr bewundert wie gehasst wurde und für die ihre Freundin Jamaica Kincaid einmal die Worte fand: "Sie war großartig. Ich glaube, seit ich Susan kenne, möchte ich nicht mehr großartig sein."

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 28.12.2020

Sehr zufrieden ist Rezensentin Shirin Sojitrawalla mit dieser Arbeit des, wie sie betont, noch relativ jungen Autors. Sie freut sich darüber, wie er das intellektuelle und sexuelle Vermögen sowie das emotionale Unvermögen der Star-Autorin nachzeichnet, wie er ihr mit Achtung begegnet und dennoch präzise den Finger in manche Wunde legt. Sie würdigt, wie er aufzeigt, dass Susan Sontag in ihrem eigenen Leben die Spannung zwischen "Ästhetik und Moral" nicht auflösen konnte, nachdem Moser dies als die beiden großen Themen ihrer Karriere herausgearbeitet hat. Der Kritikerin gefällt besonders, dass man durch die Lektüre dieses Buches wieder Lust bekommt, Susan Sontag zu lesen - was der Autor, wie sie uns verrät, im Übrigen einmal als seine Absicht bezeichnet hat.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.12.2020

Rezensentin Andrea Köhler hat Susan Sontag selbst kennengelernt in New York und eine Ahnung davon erhalten, wie schwierig sie als Mensch sein konnte. Das heben natürlich auch die beiden Bücher hervor, die sich der großen Intellektuellen und Schriftstellerin auf unterschiedliche Art annähern und die Köhler nur bedingt empfehlen kann. In Benjamin Mosers umfassender und gründlich zusammengetragener Biografie vermisst die Rezensentin einfach die Sympathie für Sontag. Was interessiert den Biografen denn an der Autorin? Literarisch will der Funke nicht überspringen, stellt Köhler fest, dabei sei Sontag sozusagen der Andy Warhol der Literatur gewesen. Persönlich maße er sich Urteile über Sontags mütterliche Qualitäten an, die ihm nicht zustünden, urteilt Köhler, und zur Deutung ihrer Persönlichkeit greife er zu recht grobem Psychobesteck.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.11.2020

Rezensentin Sonja Asal widmet sich in ihrer Doppelrezension vor allem Benjamin Mosers Mammut-Biografie, die keinen geringeren Anspruch habe, als die ganze Person zu erfassen, so Asal. Positiv äußere sich das in der bewundernswerten Materialfülle - Moser habe mehrere Reisen und unzählige Interviews auf sich genommen -, negativ darin, dass der Sachbuchautor sich stellenweise in psychologische Diagnosen "versteige", kritisiert die Rezensentin. Auch Mosers Vorwurf an Sontag, ihre eigene Bisexualität sogar in "Aids und seine Metaphern" nie öffentlich gemacht zu haben und so hinter ihrer Zeit zurückgeblieben zu sein, scheint Asal etwas "ungnädig". Trotzdem zeige die Biografie eindrucksvoll, wie Sontags Werk aus der Kombination grenzenloser Neugier und einer ebenso grenzenlosen Arbeitsethik entstanden sei, lobt sie. Ganz anders falle der im Original bereits 2011 erschienene Band "Sempre Susan" von Sigrid Nunez aus, die Sontags Assistentin und später mit deren Sohn liiert war, wie Asal erklärt - hier teile die Autorin locker miteinander verbundene, persönliche Erinnerungen an die intellektuelle Ikone.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.10.2020

Rezensentin Marie Schmidt wittert bei Benjamin Moser den Willen, sich auf keinen Fall vom Status der Ikone seines Sujets Susan Sontag einschüchtern zu lassen. Laut Kritikerin geht der Biograf hart mit Sontag ins Gericht, vor allem weil sie sich  weigerte, ihre homosexuellen Liebesbeziehungen als solche zu bezeichnen. Zwar fand Schmidt Mosers umfangreiche Materialsammlung beeindruckend, aber einen Mehrwert der aus ihnen abgeleiteten Beschreibungen des intellektuellen Milieus, in dem Sontag sich bewegte, kann sie gegenüber der 2007 erschienen Biografie von Daniel Schreiber nicht erkennen.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 13.10.2020

Rezensent Jens Uthoff stimmt ein in die Lobeshymnen über Benjamin Mosers Susan-Sontag-Biografie, die im englischen Original mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde. Ein "irre detailversessenes Psychogramm" erhält er von dem amerikanischen Historiker, der ihm Sontag als Person, aber auch als "Icon" näherbringt. So liest der Kritiker hier nach, wie prägend der frühe Tod des Vaters und die Alkoholsucht der Mutter für Sontag war, die zeitlebens unzulänglich, wenig einfühlend, teils "tyrannisch" sein konnte. In kleinen, gründlich recherchierten Schritten zeichnet Moser auch Sontags Beziehungen, aber auch ihr politisches Engagement, etwa für Salman Rushdie nach, erfahren wir. Dass der Biograf kritische Distanz zu Sontag hält, rechnet ihm Uthoff hoch an - da verzeiht er gern, dass Moser ab und an auf Sontags außergewöhnliche Bedeutung hinweist.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.10.2020

Susan Sontag war nicht nur eine Intellektuelle, sie war auch eine Marke, die sich genau zu inszenieren wusste - mit der richtigen Sonnenbrille, der weißen Haarsträhne, der Rock'n'Roll- und Punk-Attitüde, das weiß auch Rezensentin Susanne Mayer. Dennoch stimmt es sie etwas melancholisch, dass Sontag-Biograf die Ikone gar so unbarmherzig auseinander nimmt. Dabei sammelt das Buch mit seinen 900 Seiten wirklich alles, was es über Sontag an Material gibt, so Mayer. Moser untersucht die Marke Sontag ebenso wie die Texte, die sie berühmt machten. Am Ende könnte man sich glatt fragen, ob Sontag so berühmt geworden wäre, hätte sie nicht so gut ausgesehen, denkt sich die Kritikerin, die das dann doch etwas ungerecht findet: Immerhin gebe es eine Menge schöne Frauen mit Persönlichkeitsdefiziten, die keine gefeierten Intellektuellen wurden. Mayer fehlt auch eine Einordnung Sontags in eine Ära, in der auch andere Frauen ihren vorgeschriebenen Rollen entkamen: Joan Didion und Angela Davis nennt sie als Beispiel. Dann legt die Kritikerin die Biografie zur Seite und greift zu den frisch ins Deutsche übersetzten Erzählungen Sontags.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 04.10.2020

Rezensentin Julia Encke hat diese Sontag-Biografie mit großer Faszination gelesen und meint, dass Autor Benjamin Moser sich auf großartige Weise der Herstellung einer Hagiografie verweigere. Manche Sontag-Fans sei zwar entsprechend empört gewesen, hätten aber übersehen, so die Kritikerin mit Nachdruck, dass der Biograf seine Heldin "nie denunziert". Sie gibt einige Funde aus ihrer Lektüre preis, so das Zitat von Jakob Taubes, das den Beitrag von Susan Sontag am Buch ihres damaligen Ehemann Philip Rieff über Freud (The Mind of the Moralist) beweist, sogar ihre Autorschaft nahelegt. Und sie betont die nicht-moralisierende Art, mit der Moser Sontags eigenes Verhalten gegenüber dem Sohn - sie verließ Mann und Sohn, um nach Paris zu gehen - zurückführt auf das Verhalten von Sontags Mutter Mildred, die ähnlich abwesend war und ähnlich auf ewig vom verlassenen Kind beeindruckt werden musste. Den Pulitzer-Preis hat Moser für dieses Buch vollkommen verdient bekommen, findet die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 26.09.2020

Diese Susan-Sontag-Biografie hat der Rezensentin Mara Delius geholfen, die Erzählungen der amerikanischen Intellektuellen-Ikone besser zu verstehen. Sie fand es sehr erhellend, dass der Autor an frühen Tagebucheinträgen nachweisen kann, dass es Sontag beim Schreiben immer darum gegangen ist, ihr Leben intensiver zu erleben. All ihre Texte, ob literarisch oder essayistisch, waren ein Versuch, zu sich selbst zu kommen, schließt Delius daraus.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.09.2020

Rezensent Arno Widmann schrecken die knapp 1000 Seiten von Benjamin Mosers Biografie über Susan Sontag nicht ab. Wie Moser Leben und Werk Sontags beschreibt, kritisch, analytisch, der Autorin zugewandt, scheint ihm meisterhaft. Der Leser, so Widmanns Versprechen, versteht Sontag besser und auch die USA, das Schreiben, das Schweigen und die Bedeutung der Bilder. Besonders gefallen hat ihm, dass Moser zum Denken anregt und neugierig macht.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 18.09.2020

Rezensentin Susanne Mayer ist beeindruckt von Benjamin Mosers Mammut-Biografie über Susan Sontag. Das Buch ist zwar ungeniert als "großer Wurf" angelegt, meint Mayer. Er erkennt aber an, dass der Autor es schaffe, die riesige Materialfülle in "minutiös herausgearbeiteten Themenfeldern" zu bündeln und gleichzeitig sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren: Sontags Erfolg und dessen Einfluss auf ihr Innenleben zu ergründen. Damit wende Moser einen Gegenstand von Sontags Schreiben, das Verhältnis von Oberfläche zu Tiefe, auf die Autorin selbst an, und dringe mit seinem psychoanalytischen Ansatz "in der Tat sehr weit" in Sontags Inneres ein, lobt Mayer. Die Frage danach, was das für die Bedeutung von Sontags Werk letztlich heiße, bleibe jedoch offen, schließt sie.