Blake Bailey

Philip Roth

Biografie
Cover: Philip Roth
Carl Hanser Verlag, München 2023
ISBN 9783446276123
Gebunden, 1088 Seiten, 58,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Dirk van Gunsteren und Thomas Gunkel. Um das Leben des Philip Roth ranken sich unzählige Gerüchte und Geschichten - sicher auch inspiriert von den autobiografischen Spuren, die er in seinen Romanen legte. Noch zu Lebzeiten engagierte er Blake Bailey als seinen Biografen, dem er in langen Gesprächen Rede und Antwort stand und dem er exklusiven Zugang zu seinem Archiv gewährte. Roths Geschichte des Aufstiegs aus kleinen Verhältnissen zu literarischem Weltruhm zeigt sein Werk in einem neuen Licht und erzählt dazu von den großen politischen und kulturellen Debatten seiner Zeit.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.08.2023

Mit dieser Roth-Biografie kann Rezensent Tobias Döring wenig anfangen. Das aufgrund von Missbrauchs- und Vergewaltigungsvorwürfen gegen Bailey vom ursprünglichen Verlag fallengelassene und non von Dirk van Gunsteren und Thomas Gunkel im Großen und Ganzen gut übersetzte Buch konzentriert sich, lernen wir, ganz auf Klatsch und Tratsch. Detailliert ausgebreitet werden Societygeplänkel und Frauengeschichten, insbesondere auch Roths zahlreiche Beziehungen zu jüngeren Frauen. Für Hardcorefans des Autors ist das alles möglicherweise goutierbar, konzediert Döring. Dass Bailey von einer Analyse des literarischen Werks fast komplett absieht, ist für den Rezensenten freilich nicht nachvollziehbar.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 22.06.2023

Vor allem eine große Anekdotensammlung mit nahezu peinlich privatem Charakter findet Rezensent Stephan Wackwitz in Blake Baileys, in Amerika schon wieder zurückgezogener Biografie des amerikanischen Schriftstellers Philip Roth: Von sexuellen Eroberungen ist ebenso zu lesen wie von medizinischen Problemen. Das ist als "literarischer Klatsch" sicher nicht uninteressant, räumt Wackwitz ein, dafür fehlt ihm aber eindeutig eine literaturwissenschaftliche und -geschichtliche Einordnung des Werkes eines der größten dezidiert jüdischen Schriftsteller. Das Schreiben Roth' kommt kaum zur Sprache, bemängelt er, das Lesevergnügen wird weiter getrübt durch eine unzureichende Übersetzung, wie er meint. Dazu kommt die Parteilichkeit des Autors: Der Kritiker moniert, dass quasi nur die Schilderungen von Roth Eingang gefunden haben und kritische Stimmen kaum auftauchen. Keine Empfehlung.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.04.2023

Die Biografie von Blake Bailey hat Rezensent Michael Hesse noch mal deutlich gemacht, wie sehr der vor fünf Jahren verstorbene Philip Roth den Literaturnobelpreis verdient hätte. Denn Bailey, der selbst Schriftsteller ist, sei es gelungen, nicht nur zu erklären, warum die Erzählkraft von Roth so meisterlich war. Er schildere auch, woher sie sich speiste - nämlich aus der elterlichen Disziplin, die dazu führte, dass man nicht nur nach Kant, sondern auch nach Roth die Uhr stellen konnte. Dass der von Leid und Tragik bestimmte Lebensweg des amerikanischen Juden Roth anschaulich und angemessen unterhaltsam erzählt werde, gefällt Hesse ausgesprochen gut. Nicht nur in der Episode über den Zorn von Rabbinern, als "Portnoys Beschwerden" 1969 erschien, hat Bailey dem Rezensenten die "Dialektik zwischen Wirklichkeit und Fiktion, zwischen Dichtung und Wahrheit" berührend nahegebracht.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.03.2023

Rezensent Thomas David findet ironisch, dass Philip Roth sich mit seinem neuen Biografen Blake Bailey, den er nach einem gescheiterten Versuch mit einem anderen engagiert hatte, nur noch größeren Ärger eingehandelt habe: In den USA sei die Biografie nach Vorwürfen des sexuellen Belästigungen gegenüber dem Autor aus dem Handel genommen worden. Trotzdem ist das Buch nun auf Deutsch erschienen, und trotzdem kann der Kritiker ihm etwas abgewinnen - wenngleich das Spannende sich schon von ganz allein aus Roths Leben ergebe: Antisemitismusvorwürfe, Ehedramen, verschrien als "Manipulator und Machiavellist", rekapituliert David. Dabei präsentiere Bailey den Lebensverlauf des Schriftstellers in mustergültiger Lückenlosigkeit und mit "akribischem Insistieren auf Faktizität", was eine wirkliche Einfühlung in die Person leider erschwere. Auch den "Kurzschluss" von Roths Figuren mit realen Vorbildern findet David als Herangehensweise etwas dürftig. Am Ende, vermutet er, ist vielleicht doch Roths bester Biograf er selbst - und der eigentliche Star nicht der Schriftsteller, sondern die "charismatische Intensität" seiner Prosa.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 11.03.2023

Rezensent Paul Ingendaay scheint Blake Baileys Biografie über Philipp Roth durchaus ihrem Gegenstand angemessen: etwas überbordend, geschwätzig viellleicht sogar, kumpelhaft, machomäßig. Dass Bailey weniger tief im Werk schürft als in Roths Frauengeschichten zu schwelgen, kann Ingendaay verkraften. Ebenso die "wenig prickelnden" Passagen zur Kindheit und Jugend des Schriftstellers. Und wenn man das Buch mit seinem Riesenregister häppchenweise liest, so Ingendaay, sind der "teigige" Stil und das dauernde Hochstapeln des Autors ohne Synthesen gar nicht so schlimm.