Tanja Dückers

Himmelskörper

Roman
Cover: Himmelskörper
Aufbau Verlag, Berlin 2003
ISBN 9783351029630
Gebunden, 319 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

Freia, die junge Meteorologin aus Berlin, ahnt mehr und mehr, daß es in ihrer ach so normalen Familie nicht nur ein Geheimnis gibt, weswegen vertuscht, gelogen, verdrängt wird. Was immer Freia erfragt oder vermutet, alles scheint 1945 begonnen zu haben - an jenem bitterkalten Morgen im Krieg, als die Großmutter mit Freias Mutter, damals ein Mädchen von fünf Jahren, auf einem der letzten Schiffe aus Westpreußen über die Ostsee fliehen wollte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.03.2004

Als in Ansätzen gut, aber gescheitert, beurteilt Thomas Wild den Roman und rückt ihn in die Reihe der Versuche familiärer Geschichtsbewältigung, die trotz nationalsozialistischer Vergangenheit kein schlechtes Licht auf die Großeltern fallen lassen. Zwar bemühe sich Dückers, diesem Verdacht entgegenzuwirken. Die Erzählerin - eine Meteorologin, die an einem Wolkenalmanach arbeitet - sei immerhin zweiflerisch genug. Doch "die Machart des Romans" lasse eine "systematische Neigung" erkennen, die "Tätergeneration" zu schonen, "indem Fragen zur politischen Vergangenheit weniger enthüllt" werden, als vielmehr die Leser mit ihnen "eingelullt". Schuld daran sei ihr sorgloser Plauderton und der "unbedarft-beschauliche Gestus", mit dem Dückers ihr Recherchematerial "gestaltlos" in seitenlange Dialoge kippe, so Wild. Ab und zu findet der Rezensent "bildhafte Ausgangspunkte für Geschichten", doch gelinge es Dückers meist nicht, sie zu einer Erzählung zu entwickeln - und wenn doch, scheint es konstruiert.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.07.2003

Um es gleich vorwegzunehmen: Wolfgang Schneider gefällt Tanja Dückers Verteibungsroman "Himmelskörper" ganz und gar nicht. Im Gegensatz zu Grass, der mehr die Opferrolle der Deutschen betone, habe Dückers eher die Schuld der Deutschen an der Katastrophe herausstellen wollen, resümiert Schneider Dückers Anliegen. So hält er zunächst fest: "Ein großer Stoff ist noch kein grosser Roman." Er findet die Dialoge zwischen den Generationen "hölzern", durch die "politisch-korrekte Distanz", die Dückers zu den Flüchtenden wahrt, komme dem Leser deren Leidensgeschichte nicht näher, kritisiert Schneider. Dückers mangelnde Begabung zum Dialogschreiben wird seiner Meinung nach auch in dem zweiten großen Thema des Roman, der Dreiecksgeschichte zwischen der Protagonistin, ihrem Zwillingsbruder und ihrer ersten großen Liebe, deutlich. Die Dialoge zwischen den jungen Leuten klingen wie aus einer Vorabendserie, findet er. Und auch dem dritten großen Problemfeld des Romans, dem deutsch polnischen Verhältnis, kann Schneider nichts Positives abgewinnen. Nichts als "slawophile Klischees und geläufige postsozialistische Tristesse", bedauert er und bemerkt abschließend, dass bloße Betroffenheits-Statements nicht mehr zeitgemäß sind.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 14.06.2003

Susanne Balthasar kann an Tanja Dückers Roman "Himmelskörper gar nicht Gutes finden. In ihm geht es um eine Wolkenforscherin , die dem dunklen Geheimnis ihrer Familie auf den Grund gehen will und damit der Tragödie der "Wilhelm Gustloff". Schließlich findet die Forscherin ein Parteiabzeichen, das die Großeltern offenbar davor bewahrt hat, mit der Gustloff unterzugehen. Das findet die Rezensentin als Handlungsgerüst ziemlich dünne, zumal sich dieses "Familientrauma" allein in Plattitüden ausdrückt. Der Autorin mangele es an Fantasie, urteilt Balthasar ungnädig und moniert darüber hinaus, dass Dückers ihr Recherchematerial den Figuren nahezu unverdaut in den Mund gelegt hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.04.2003

Richtig warm wird Rezensentin Stefanie Peter nicht mit dem neuen Roman von Tanja Dückers, die sich hier erstmals einer komplexen und sich über mehrere Generationen erstreckenden Geschichte annimmt - nachdem ihre bisherigen Geschichten, wie die Rezensentin etwas süffisant bemerkt, "von ganz jungen und ganz harmlosen Kneipengängern" handelten. In Dückers neuem Roman geht es um die psychologischen und familiendynamischen Spätfolgen des Krieges. Das geht nach Meinung der Rezensentin gehörig daneben. Zum einen will ihr nicht einleuchten, dass die damaligen Ereignisse "der Schlüssel zur Psychologie dreier Generationen" sein können: "sie sollen der Grund sein für alle Beziehungsprobleme, Lügen, Auseinandersetzungen und Verhaltensmuster innerhalb einer Bürgersfamilie". Zum anderen ist die Thematik nach Meinung der Rezensentin einfach schlecht umgesetzt, denn die Geschichte besteht aus "spannungslos aneinander gereihten Erlebnissen und Gemeinplätzen". Der Autorin gelingt es nach Peters Meinung nicht, einen "überzeugenden literarischen Stoff" daraus zu gewinnen.
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