Tea Obreht

Herzland

Roman
Cover: Herzland
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783737100793
Gebunden, 512 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Bernhard Robben. Arizona, um 1890. Ein neuer Morgen eines zu heißen Sommers bricht an für Nora Lark. Ihre Farm ist bedroht von Dürre und mächtigen Viehzüchtern, neuerdings auch, so glaubt ihr kleiner Sohn Toby, von einem monströsen Tier, das draußen umherstreift. Seit Tagen ist Noras Mann verschwunden, nachts sind die beiden älteren Söhne im Streit davongeritten, und irgendwer ist ins Brunnenhaus eingebrochen. Doch Nora stehen noch ganz andere Prüfungen bevor - die über das Schicksal ihrer Familie entscheiden werden. Das liegt auch an Lurie, Waise eines Einwanderers aus dem Osmanischen Reich, der vom kleinen Ganoven zum verfolgten Outlaw wurde, schließlich einen unerwarteten Gefährten findet und in einem Trupp der U.S. Army untertaucht. In Luries abenteuerlichem Leben verdichten sich das Heldentum und die Niedertracht der Epoche zu einem schrecklichen, prächtigen, epischen Bogen - mit immer überraschenden Wendungen.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 02.05.2020

Rezensent Wieland Freund findet es großartig, wie Téa Obreht die alten Westerngeschichten um Frauen und Muslime anreichert. Ohne auf die stereotypen Erzählungen von Rinder-Baronen, Sheriffs und Ganoven zu verzichten, erzählt sie die Erschließung der USA hauptsächlich an den Geschichten eines als Araber verkannten Kameltreibers und einer Farmerin entlang, verrät Freund. Weil die Protagonisten Geister sehen können, hat der Roman den Kritiker außerdem an den magischen Realismus erinnert - ein spannendes und erfrischendes Kunstwerk, das außerdem mit "fantastischen" Landschaftsbildern glänzt, jubelt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.04.2020

Rezensent Nicolas Freund unterhält sich via Skype mit der seit dem 12. Lebensjahr in den USA lebenden Autorin Tea Obreht über ihren neuen Roman und findet heraus, wie die Autorin am Genre des Westerns dreht, um ihre Geschichte zweier am Rand der Gesellschaft lebender Menschen im Arizona der Pioniere zu erzählen und die beiden Erzählstränge aufeinandertreffen zu lassen. Freund liest verblüffende Details über das United States Camel Corps oder über die damalige Bedeutung regionaler Zeitungen und erfährt, wie die Mythen des Westens entstanden und wieder vergingen. Der Text, der den Rezensenten an Cormac McCarthy (die Brutalität) und Garcia Marquez (der "chronikartige Ton") erinnert, kann ihn davon überzeugen, dass ein Gegenentwurf möglich ist zu den großen Gründungserzählungen der USA, der eben auch die mannigfaltigen Randgruppen miteinbezieht.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 29.04.2020

Rezensent Sarah Pines hält Tea Obrehts im Jahr 1893 in Arizona spielenden Roman für bräsig, nicht flott. Dass die Autorin die überkommene Form des Westerns bemüht, um ihn von innen auszuhöhlen, herrische Männer zu Pferd durch eine alleingelassene Pioniersfrau und einen Einwanderer auf der Flucht zu ersetzen, findet Pines überflüssig. Warum den alten "Cowboylappen" auswringen? Auch weil Obreht so "anbiedernd" schreibt, funktioniert der Text für Pines nicht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.04.2020

Rezensent Cornelius Dieckmann verliert sich in den Landschaften Arizonas zur Zeit der großen Siedlerbewegungen. Tea Obrehts dritter Roman in der "kunstfertigen" Übertragung durch Bernhard Robbens, lässt Diekmann staunen: über das darin auftretende United States Camel Corps und darüber, wie geschickt die Autorin Handlungsstränge verbindet, Figuren, lebende wie jenseitige, zueinanderführt und den Leser schließlich erkennen lässt, dass sie nicht nur vom Kampf des Menschen gegen die Natur erzählt, sondern auch von seinen Ängsten vor allem Fremden. Obrehts magischer Realismus passt gut zu der Geschichte mit ihrem "menschenleeren, doch "traumvollen" Setting, findet Dieckmann.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 14.04.2020

Für Rezensent Michael Schmidt ist Tea Obrehts zweiter Roman eine Geschichte vom Untergang der Illusionen. Mit historischen Fakten und Humor, mehrschichtig und mitunter wie in einem Brennglas erzählt die Autorin laut Schmidt anhand zweier Randfiguren die Geschichte der Eroberung des Südwestens der USA im späten 19. Jahrhundert. Welche Konflikte im Einwandererland USA schwelten, welche Entbehrungen die Siedler in Arizona aushalten mussten und welche Opfer die ansässigen Navajos zu verzeichnen hatten, davon berichtet Obreht "wie in einer Nussschale", ohne moralische Einlassungen, erläutert der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 08.04.2020

Rezensentin Dorothea Westphal scheint begeistert von Tea Obrehts Roman über zwei vom Schicksal gebeutelte Menschen im Arizona des Jahres 1890. Wie eine Farmersfrau und ein Außenseiter Einsamkeit, Hitze, Trockenheit und die Suche nach einem besseren Leben meistern, wie sie dabei an die Welt der Geister rühren und schließlich Trost finden, hat Westphal mit einiger Faszination gelesen. Das liegt an Obrehts wendungsreichem magischen Realismus, der Durst und Visionen für die Rezensentin plastisch macht, sie in die raue Anfangszeit der USA zurückführt und durch die Schilderung von Extremen zugleich aufs Heute verweist.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 21.03.2020

Rezensent Thomas Winkler bewundert, dass Téa Obreht dem Mythos der Pionierzeit des amerikanischen Westens "neue Facetten abzugewinnen versteht": Weil bei ihr eine Frau und ein nur scheinbar türkischer Kameltreiber von der Eroberung Arizonas erzählen, gelangt sie zu einer zugleich feministischen und migrantischen Perspektive auf die Erschließung der USA, erklärt der Kritiker. Dass die Autorin im Stil des magischen Realismus schreibt, verstärkt bei Winkler den Eindruck eines völlig neuen Blicks auf den Beginn des amerikanischen Traums. Sein Fazit: ein zugleich surreales und doch hochaktuelles Lesevergnügen.