Thomas Glavinic

Das größere Wunder

Roman
Cover: Das größere Wunder
Carl Hanser Verlag, München 2013
ISBN 9783446243323
Gebunden, 528 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Jonas ist Tourist in einer Todeszone, er nimmt an einer Expedition zum Gipfel des Mount Everest teil. Während des qualvollen Aufstiegs hängt er seinen Erinnerungen nach. An seine wilde Kindheit, an das grausame Schicksal seines Bruders Mike, an seine endlosen Reisen nach Havanna, Tokio, Jerusalem und Oslo. Und schließlich an die magische Begegnung mit Marie, seiner großen Liebe, die sein ganzes Leben verändert. Thomas Glavinics neuer Roman ist eine Expedition ins Ungewisse. Und ein Buch der Liebe.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 04.01.2014

Die Grundidee von Thomas Glavinics Roman "Das größere Wunder" hat René Hamann eigentlich gefallen: der mühsame Aufstieg auf den höchsten Berg der Welt, mitsamt den körperlichen und seelischen Widrigkeiten, Kälte und Einsamkeit wird der Biografie eines der Protagonisten gegenübergestellt, die Stränge werden abwechselnd erzählt bis sie sich verknoten, fasst der Rezensent zusammen. Die Umsetzung ist dann aber ziemlich konventionell, oft zäh und nur selten wirklich gelungen, findet Hamann, vor allem an den Dialogen hapert es. Eine Häufung von Lebensweisheiten scheint Tiefgang ergänzen zu sollen, fügt der Rezensent hinzu. Die "Abenteuerlust am Rande der Lebensmüdigkeit" erinnert den Rezensenten ein wenig an Coelho und Konsorten und Hamann kommt letztlich zu dem Schluss, dass Glavinic gar nichts anderes hat schreiben wollen als einen "okayen" Abenteuerroman.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.09.2013

Wenn es um Romane geht, die sich nicht ganz an die Regeln der Realität halten, ist Thomas Glavinic einer der besten Autoren, den die deutschsprachige Gegenwartsliteratur zu bieten hat, findet David Hugendick. In "Das größere Wunder" erklimmt der bereits aus den Romanen "Die Arbeit der Nacht" und "Das Leben der Wünsche" bekannte Protagonist Jonas den Gipfel des Mount Everest und erinnert sich an seine Kindheit, seine Familie und seine Freunde, fasst Hugendick zusammen. Es sind "die Rätsel hausgebräuchlicher Metaphysik", die Jonas schließlich auf den Berg verschlagen haben, erklärt der Rezensent: Wo komme ich her? Wo gehe ich hin? Und wer bin ich? Bewaffnet mit dem unerschöpflichen Vermögen, das ihm sein mafiöser Ziehvater hinterlassen hat, macht sich Jonas zu einer "dick aufgetragenen Sinnsuche" auf, die ihn rund um die Welt führt. Die "existenziellen Minusgrade" auf dem Mount Everest stoßen ihn schließlich auf eine Antwort, die dieses Buch wohl mit allen großen Romanen gemein hat: die Liebe. Das mag vorhersehbar und kitschig sein, aber so sind Märchen nun mal, auch die guten, meint der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.09.2013

Ulrich Seidler kann dem letzten Band von Thomas Glavinics Jonas-Trilogie, "Das größere Wunder", einiges abgewinnen. Jonas hat sich zu einer Everest-Besteigung entschlossen, nachdem seine große Liebe Marie eine Beziehungspause eingeläutet hatte, abwechselnd schildert Glavinic die "Tour durch die Todeszone auf das Dach der Welt" und lässt Jonas über seine Jugend sinnieren, fasst der Rezensent zusammen. Mit einem früh gestorbenen Vater, einem geistig behinderten Bruder und einer alkoholabhängigen Mutter war Jonas' Kindheit zunächst alles andere als einfach, später stirbt dann noch sein bester Freund und anschließend auch noch dessen Vater, der Gangsterboss Picco, Jonas' Ziehvater nach dem Tod seiner eigenen Eltern. Der hinterlässt dem Jungen allerdings ein Vermögen und fortan ist der "allein auf der sturmfreien Welt", erklärt Seidler. Jonas' Leben ist "äußerlich sorglos und innerlich sinnlos", er ist ganz der sinnsuchende Draufgänger, "selten unglücklich und nie glücklich", zitiert der Rezensent. Ein spannender und bunter Jungstraum, findet Seidler.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.08.2013

Den angekündigten Liebesroman kann Georg Renöckl in diesem neuen Roman von Thomas Glavinic leider nirgends entdecken. Dafür alledings beschenkt ihn der Autor mit der gewohnten haarsträubenden Märchengeschichte, außerordentlichen Figuren und Situationen. Ob exzessives Schweigen, megamäßiger Sex oder die Besteigung des Mount Everest - bei Glavinic, weiß Renöckl, ist einfach immer alles extrem. Die vielen Klischees und Maximen im Text machen Renöckl also nicht gleich nervös. Und meisterhaft beobachten und souverän erzählen kann der Autor ja, versichert der Rezensent uns glaubwürdig. So ist am Ende noch das dollste Extrem für Renöckl gut lesbar, fesselnd und geradezu körperlich erfahrbar in diesem Buch

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.08.2013

Die Mount-Everest-Besteigung in Thomas Glavinics neuem Roman "Das größere Wunder" lässt sich als Metapher für das gesamte Buch verstehen, findet Rezensent Jörg Magenau: Die ganze Mühsal des Lebens gipfele in dem einen, einzig sinnvollen, nämlich der großen Liebe. Das ist ein "abgedroschenes, schmalziges Motiv", weiß der Rezensent, aber das erstaunliche ist, man nimmt es diesem Buch nicht übel, staunt Magenau. Das bewegt sich nämlich wiederum in der einzigen Sphäre, in der Kitsch erlaubt ist, dem Märchen, erklärt der Rezensent. Märchenhaft ist schon Glavinics Protagonist Jonas, der im Buch tatsächlich auf den Berg kraxelt und alle Sprachen der Welt versteht, märchenhaft ist auch das geerbte Haus des Großvaters, das voller verschlossener Türen ist, deren Schlüssel Jonas nur nach und nach entdeckt, fasst Magenau zusammen. Dieses Buch ist "sinnlos und angeberisch, großartig und phantastisch", nicht umsonst steht es auf der Longlist des Deutschen Buchpreises, meint der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.08.2013

Da nur die vorletzte Seite (von 500) den Rezensenten wirklich überzeugt, kann man Thomas Glavinics Roman wohl schwerlich als gelungen bezeichnen. Jan Wiele versucht es auch gar nicht erst, obwohl es ihm schwerfällt nach den ersten, wie er findet, bemerkenswerten Büchern des Autors. Wenn Glavinic also anhebt, die Geschichte seiner Figur Jonas weiterzuerzählen, dessen Kindheit, staunt Wiele zunächst, wie endlos diese Kindheit ist und wie breit das romantische Motiv der Suche hier ausgewalzt wird. Gähnend wohnt er den Lehrjahren des Helden in sämtlichen Winkeln der Welt bei, allerdings ohne Spannung, eher mit dem Gefühl, der Autor versehe googelnd eine Pflichtübung, indem er den Jemen und Japan aneinanderreiht. Und es wird schlimmer, der Ton pathetischer, ja altbacken, wie Wiele feststellt. Im Zusammenklang mit den vielen Sinnsprüchen im Buch wähnt er sich bald bei Paulo Coelho. Schließlich kommt die vorletzte Seite mit unerwarteter elliptischer Wucht. Doch da ist es für das Buch längst zu spät.
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