Thomas Rosenboom

Das Liebeswerk

Roman
Cover: Das Liebeswerk
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2000
ISBN 9783518411865
Gebunden, 716 Seiten, 25,46 EUR

Klappentext

Aus dem Niederländischen von Waltraud Hüsmert. Willem Augustijn van Donck ist ein typischer Exponent seiner Zeit: Er bringt sich in den Besitz einer Erfindung, durch die sich zum ersten Mal weißer Zucker aus Rüben herstellen lässt. Damit ergeben sich für ihn ungeahnte Möglichkeiten zur Bereicherung. Um die nackte Geldgier zu bemänteln, wird die Zuckerproduktion als philanthropisches Werk für hungernde Arbeiter ausgegeben, als Liebeswerk, mit dem sich seine Urheber Anerkennung durch die Zeitgenossen und göttliche Erlösung erkaufen wollen. Doch dieses Projekt scheitert, da der mit den Geldtricks nicht genügend vertraute und durch seine sexuellen Neigungen erpressbare Willem von gerisseneren Spekulanten mit dem Segen der Kirche gezwungen wird, ein anderes Liebeswerk in Angriff zu nehmen: den Aufbau einer zerstörten Stadt mittels einer in betrügerischer Absicht gegründeten Aktiengesellschaft. Der Schwindel fliegt unweigerlich auf ? mit überraschenden Folgen. Mit dem Liebeswerk hat sich Rosenboom in die erste Reihe der niederländischen Literatur geschrieben und unsere Leiden und Leidenschaften erschreckend und liebevoll präzise sichtbar gemacht.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.02.2001

Nach Meinung des Rezensenten ist der Literaturwissenschaft "ein, wenn nicht das Zentralthema der neuzeitlich-modernen Literatur" bisher entgangen: Geld. Anhand zweier Ausnahmen von dieser Regel - Ulrich Fülleborns "Besitz und Sprache" und dem im Lübecker Dräger-Verlag erschienenen Ausstellungsbegleitband "Buddenbrooks - Neue Blicke in ein altes Buch", herausgegeben von Manfred Eickhölter und Hans Wisskirchen - und dreier geeigneter Untersuchungsobjekte - die Romane "Die Erben" von Hans Graf von der Goltz, Georg M. Oswalds "Alles was zählt" sowie Thomas Rosenbooms "Das Liebeswerk" - unternimmt Jochen Hörisch den ambitionierten Versuch, uns diesen Missstand zu verdeutlichen.
Was Hörisch diesbezüglich zu den einzelnen Texten einfällt, fällt, um es mit der hier angeschlagenen Terminologie zu sagen, allerdings etwas zu ökonomisch aus. Im Falle des Buddenbrook-Bandes ist es der Hinweis auf einen einzigen darin enthaltenen Aufsatz, der, wie es heißt, "die kaufmännischen Aspekte des Buches" zum Thema habe. Die Romane "Alles was zählt" und "Die Erben" handelt der Rezensent ebenso lakonisch ab. Ersterer scheint dem Leser allen Ernstes nichts weiter zu bieten als "flotte Sprüche" aus der Lebenswelt der New Economy, letzteren findet Hörisch wegen seines "atemberaubenden Joint Ventures" von alter Erzähl- und alter Wirtschaftsökonomie immerhin aufschlussreich, ansonsten: "Kein Kommentar zu dieser Prosa" (!)
Bei der Essaysammlung von Fülleborn indes wird ein Zusammenhang mit den "Ökonomie- und Geldthemen" allein durch die Vergegenwärtigung der Füllebornschen Grundthese (die sich im wesentlichen mit Rilkes Bezugs-Begriff befasst) kaum erst deutlich. Einzig Thomas Rosenbooms "Liebeswerk" nimmt in dieser unbefriedigenden Besprechung ein wenig Kontur an: In dem "(allzu) umfang- und motivreichen" Roman, schreibt Hörisch, geht es um die Äquivalenz- und Identitätsformatierungen, die das Medium Geld mit sich bringe, wie Geld sich in allen Bereichen und noch im Innersten des Subjekts durchsetze. So nehme sich das Buch fast wie eine epische Paraphrase der Luhmannschen Systemtheorie aus. Beim Durchdeklinieren der verschiedenen Gesellschaftsbereiche aber vergesse der Autor allzu gerne, "dass nicht nur Lebens-, sondern auch Lesezeit eine knappe Ressource ist". Und das ist wahr, so wahr.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.11.2000

Er gilt als der neue Stern am niederländischen Literaturhimmel, teilt uns Dorothea Dieckmann über den Autor mit, von dem sie sich allerdings herbe enttäuscht zeigt. Von einem Roman mit "einschüchterndem Umfang" ist da die Rede, einer "pseudobarocken Mischung" aus historischem Roman und modernistischer Introspektion, von einer Anal- und Fäkalmanie, die ihre Entsprechung in der "eklektischen Logorrhö" des Autors finde. Kurz: viel Wortgeklingel und wenig dahinter. Bedeutungsschwere Kapitelüberschriften und eine ausgreifende Erzählstruktur, schimpft Dieckmann weiter, ließen die Geschichte nur quälend langsam vorankommen. Angesiedelt ist der Roman im 18. Jahrhundert: in Teilen geriert er sich wie ein Wirtschaftskrimi, behauptet Dieckmann, der zugleich ein Sittengemälde und Familienporträt jener Zeit entwerfen soll. Aber: historischer Schinken, Anti-Entwicklungsroman und moderne Parabel in einem - da hat sich nach Dieckmann ein junger Autor eindeutig übernommen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.11.2000

Der "opulente Schinken" über den vermeintlichen Erfinder des weißen Zuckers, ein Buch, das zugleich Sittengemälde der Niederlande im 18. Jahrhundert sein will, ist unserem Rezensenten nicht sonderlich gut bekommen. Die "zwischen den Zeilen" hervorlugende Gelehrsamkeit des Autors, der den Text mit allerlei Formzitaten spickt, beeindruckt Volkmar Mühleis eher wenig. Lieber wäre ihm gewesen, Thomas Rosenboom hätte seinem Helden etwas mehr Farbe verliehen, "dass existenzielle Widersprüche lebendig werden könnten", wie er schreibt. Wo so gebildet geweint und derart offen intrigiert wird, meint Mühleis, bleiben Rührung und Überraschung auf der Strecke.
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