Ulf Erdmann Ziegler

Und jetzt du, Orlando!

Cover: Und jetzt du, Orlando!
Suhrkamp Verlag, Berlin 2014
ISBN 9783518424490
Gebunden, 219 Seiten, 18,95 EUR

Klappentext

Oliver führt in London ein Leben wie im Film. Nach dem Umzug aus Mannheim hat er Turnstyle Movies erfolgreich umgekrempelt; er hat eine kluge Engländerin geheiratet; und auch seine Affäre mit Anu ist wunderbar unkompliziert. Was ihm fehlt, ist ein Freund, mit dem er seinen Erfolg teilen kann. Bei einer Preview entdeckt er Orlando, jung, schwarz, charismatisch. Gemeinsam streifen sie durch die nächtliche Stadt, und es ist, als wären sie auf der anderen Seite der Leinwand. Aber wohin schaut man von dort aus? Turnstyle soll fusionieren, Olivers Ehe stürzt in eine Krise. Noch dazu ist der junge Freund weit mehr als der begabte Außenseiter, den er in ihm sieht: Orlando braucht kein Publikum, er braucht Hilfe. Und auf einmal ist es an Oliver, nicht nur den Film zu retten, der sein Leben ist, sondern auch seinen einzigen Freund.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.03.2015

Martin Halter staunt, was Ulf Erdmann Ziegler alles in einen Roman über eine Männerfreundschaft packen kann: Das ganze Reich der Zeichen, das Kino, Renaissancemalerei, Metaphysik und New Economy. Ziegler ist gelernter Kommunikationsdesigner, und das merkt der Rezensent auch. Daran, wie der Autor Zeichen und Bilder verknüpft, wie er vor- und zurückblendet, Handlungsebenen herumschiebt und eine Familiengeschichte mit Essay bestückt, dass dem Rezensenten der Kopf raucht. Das Buch - ein Parlando an der Bar auf höchstem Niveau, meint Halter, voller geistreicher Bonmots und beredtem Schweigen aus den "geöffneten Schleusen der Wortlosigkeit".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.11.2014

Ulf Erdmann Ziegler hat für jede Situation in seinem Roman "Und jetzt du, Orlando!" eine passende Filmszene parat, berichtet Simon Strauss. Für den Cineasten Oliver, einen schwäbischen Betriebswirt, ist das Kino der metaphorische Bezugsrahmen seiner Realität, erklärt der Rezensent - was nun Bild, was Abbild ist, will Ziegler nicht entscheiden, verrät Strauss. Zusammen mit Orlando, einem britischen Gesinnungsgenossen, zieht er durch London, während sie sich über Erlebtes und über Filme austauschen, fasst der Rezensent zusammen. Strauss findet es spannend, wie Ziegler die verschiedenen Zeit- und Erzählebenen aneinander schneidet und sie durch Schauplätze verknüpft, die er durch Beschreibungen detailliert visualisiert. Und nicht das geringste Verdienst dieses Buches ist es, dass es die vielen "Heimkinogucker und Alleinstreamer" daran erinnert, was es Zuhause nicht gibt: neue Freunde, so der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.11.2014

Ulf Erdmann Zieglers neuem Roman "Und jetzt du, Orlando" ist im Wesentlichen ein Vorwurf zu machen, meint Rezensent Jochen Schimmang: Er ist zu konstruiert. Er folgt hier einem schwäbischen Betriebswirt namens Oliver Hoelzle durch das London der achtziger Jahre, das eilig und glatt durch eine Reihe von Filmstills heraufbeschworen wird. Neben der Vielzahl von aneinandergereihten kulturell bedeutungsvollen Versatzstücken, kann der Kritiker auch den Figuren nur wenig abgewinnen: Der ständig "bedeutungsschwanger" schwadronierende Protagonist interessiert Schimmang leider nur wenig, und sein nächtlicher Begleiter Orlando, ein hochbegabter, androgyner, schwarzer Londoner Jude, kommt leider kaum zu Wort. Nicht zuletzt gehen dem Rezensenten die zahlreichen, allzu platten Bonmots auf die Nerven und erdrücken darüber hinaus manch durchaus kluge, essayistische Passage.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.10.2014

So sanft schwebt das Sentiment in diesem neuen Roman Ulf Erdmann Zieglers, dass Roman Bucheli in seinem Bericht noch ganz benommen erscheint. Drei Themen scheint der Roman zu haben: eine Freundschaft zwischen Männern, das Kino in jenen Jahren, als es noch analog war, und London an seinen Rändern, als sie noch nicht 10.000 Pfund pro Quadratmeter kosteten. Bucheli erkennt eine Menge literarische Anspielungen in dem Roman, die sich allein schon durch den Namen eines der Protagonisten, Orlando nämlich, ergeben, und er bewundert die diskrete Kunst, mit der Ziegler sie einspinnt, ohne sie je aufdringlich durchscheinen zu lassen. Und er bewundert, wie Ziegler - mit Nostalgie, aber ohne Sentimentalität! - auf Dinge wie den Austin Mini zurückschaut, als sie noch nicht retro, sondern einfach nur cool waren. Und was sonst noch geschah? Zeit hielt inne, Zeit verging.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.10.2014

Nicht leicht sich zusammenzureimen, was für einen Roman Fritz Göttler gelesen hat. Unverkennbar ist allerdings seine Sympathie für das Buch. Mal sehen: Es gibt zwei Helden, Orlando und Oliver, beide leben in den Achtzigern in London, der eine arbeitet bei einem Musiklabel, der andere in einem kleinen engagierten Kinoverleih. Es gibt Familiengeschichten, die bis zu den Großeltern zurückreichen. Es gibt Liebe, Erotik und Kommentare zu allem, was geschieht. Denn Orlando und Oliver sind, so Göttler, "Postmoderne in Bewegung" mit einem durch und durch männlichen Kommentierfuror: "Reflektieren als Leibesübung" nennt es Göttler, der sich offenbar hat mitreißen lassen. Auch wenn ihn der schöne Busen einer gewissen Gayle noch mehr beeindruckt zu haben scheint.
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