Ulrike Ulrich

Während wir feiern

Roman
Cover: Während wir feiern
Berlin Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783827014085
Gebunden, 272 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Wie in jedem Jahr feiert die deutsche Sängerin Alexa am Abend des Schweizer Nationalfeiertags ihren Geburtstag mit einer Dachparty - leider noch ohne den Einbürgerungsentscheid. Währenddessen braucht Kamal eine sichere Bleibe. Wenn er nicht unverzüglich das Land verlässt, droht ihm die Abschiebung nach Tunesien. Weil dort aber Homosexuelle verfolgt werden, fragt er seinen Deutschlehrer Zoltan, ob er ein paar Tage bei ihm untertauchen kann. Doch Alexas bester Freund sagt Nein aus Gründen, die er nicht mal vor sich selbst zugibt. Im Laufe des Tages eskalieren die Ereignisse, und nicht nur das Fest, auf dem alles zusammenläuft, steht infrage. Inspiriert von Virginia Woolfs Klassiker "Mrs Dalloway" zeichnet Ulrike Ulrich ein Panoramabild unseres Lebens in Europa.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.07.2020

Rezensent Martin Ebel hört das "Knirschen" unter der Oberfläche der Schweizer Gesellschaft in diesem Roman der deutschen, in der Schweiz lebenden Autorin Ulrike Ulrich. Erzählt wird die Geschichte der deutschen, in Zürich lebenden Sängerin Alexa, die am Schweizer Nationalfeiertag bei einem privaten Fest vor Freunden das Guggisberglied zum Besten gibt: In den Mittelpunkt des berühmten Schweizer Volkslied über Heimatsehnsucht stellt sie allerdings Migranten, was bei den Gästen auf geteilte Reaktionen stößt, resümiert der Rezensent. In "kaleidoskopischen" Schlaglichtern blickt Ulrich auf die gut situierten Akademiker und Künstler auf dem Fest, die sich gern einfühlsam und links geben, aber noch weiter feiern, nachdem der Tunesier Kamal, der auch auf dem Fest ist, schwer verunglückt oder so etwas konstatieren wie "Es hätt zviil Tüütschi" (Es gibt zu viele Deutsche). Ein "scharf" analysiertes Gesellschaftsporträt, befindet der Kritiker.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 17.07.2020

Ulrike Ulrichs Roman weckt bei Rezensent Carsten Hueck Unbehagen. Die Autorin kontrastiert hier die Schweizer Wohlstandsgesellschaft, lauter "nette Menschen mittleren Alters" mit Partyplanungs- oder Beziehungsproblemen, mit der Realität des tunesischen Flüchtlings Kamal, der abgeschoben werden soll. Dabei handle es sich zwar um einen "intelligenten, gut geschriebenen Roman", meint Hueck und fühlt sich an die Erzählstruktur von Virginia Woolfs "Mrs. Dalloway" erinnert. Trotzdem scheint sein Unbehagen weniger aus dem Kontrast der beiden Welten als vielmehr daraus zu entstehen, dass im Mittelpunkt letztlich doch die westliche Partygesellschaft in ihrer "lampionilluminierten Erbärmlichkeit" stehe - wer aus ihr stammt, könne vom Leid "des anderen" aber im Grunde nicht erzählen, schließt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 16.07.2020

Rezensent Carsten Hueck erkennt die Vorlage für Ulrike Ulrichs "intelligenten, gut geschriebenen" Roman in Woolfs "Mrs Dalloway". Wie die Autorin dessen Form und Figurenkonstellation variiert, indem sie die Geschichte vom Nachkriegslondon in die heutige Schweizer Wohlstandgesellschaft versetzt, findet Hueck nicht unspannend. Auch die Anlage als vielstimmiger Bewusstseinsstrom, in dem sich Leben momentweise berühren, die der Wohlstandsgesättigten und die eines jungen Tunesiers, der seine Abschiebung erwartet, scheint Hueck interessant. Problematisch findet er allerdings den Versuch der Autorin, die Ängste des Flüchtlings nachzuvollziehen. Bei der westlichen Partygesellschaft mag das ja reibungslos funktionieren, meint er.