Volker Braun

Handbibliothek der Unbehausten

Neue Gedichte
Cover: Handbibliothek der Unbehausten
Suhrkamp Verlag, Berlin 2016
ISBN 9783518425435
Gebunden, 109 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Wovon spricht die Dichtung zu Beginn des 21. Jahrhunderts? Noch immer oder nun erst von der Wildnis der Gesellschaft. Am 'Kilometer Null der Empörung', auf der Puerta del Sol in Madrid, sah Volker Braun die Handbibliothek, die seinem neuen Buch den Titel gibt. In ihm stehen die Gedichte wie in improvisierten Regalen, einzelne kleine Schriften, leicht herauszugreifen und zu benutzen. Und von 'Wanderwesen & Fabelarbeitern' ist darin die Rede, den 'Nackten und den Vermummten', der ungesättigten Menge ('ein Riß geht hindurch bis zum Bodensatz'), der unbehausten Menschheit. Der Dichter sieht sich auf der warmen Erde, worin die Sohlen wohnen, eine 'Zuflucht der Sinne' suchend und 'Lust, nicht Hoffnung ziehnd aus dem Rohstoff'. Die vier Sammlungen entstanden in zehn Jahren neben den Prosa- und Theatertexten. "Gedichte sind der Kern der Arbeit, das beiläufige Eigentliche." (Volker Braun)

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.11.2016

Rezensent Gustav Seibt kennt Volker Braun als Meister aller Formen. So auch in den neuen Gedichten des Autors, in denen Braun laut Seibt geschickt Goethe, Brecht und Dante auf kleinstem Raum anklingen lässt. Bemerkenswert scheint Seibt nicht nur, wie Braun zwischen Paareimen, Prosagedichten, Blankversen und Distichen leichthändig wechselt, sondern auch, dass der Autor nicht einfach Stile kopiert, sondern Haltungen aufgreift und sich dialogisch, witzig, sinnlich und manchmal autobiografisch anverwandelt. Ein großer Lyriker in bester Spätform, meint Seibt.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.11.2016

Ihre Kraft gewinnen die Gedichte Volker Brauns vor allem dadurch, dass sich ihr Autor "zum Medium" macht, erkennt Rezensentin Beatrice von Matt. Erst, was ihn durchflossen hat, darf durch seine Hände aufs Papier, das Zuschauen, das uns aushöhlt, die "globale Kälte", die uns erzittern lässt, die Selbstzweifel und Selbstanklagen, die uns bedrängen. Doch Braun gibt sich nicht mit Abstrakta zufrieden, so von Matt, nie scheut er das Konkrete, wodurch er seiner Lyrik eine schmerzhafte Aktualität verleihe, eine Aktualität, die ihm das Schreiben über Elend, Armut und Krieg schwer mache, ja fast unmöglich, da es "die Worte selbst sind, die sich weigern". Aber auch das thematisiert er, so die Rezensentin, das Schreiben selbst. Was dabei entsteht, ist eine anspruchsvolle, eine wütende, manchmal verzweifelte Lyrik voller Widersprüche und Kraft, eine Lyrik, die nicht ungehört bleiben sollte, ermuntert die Rezensentin.