Zeina B. Ghandour

Der Honig

Roman
Cover: Der Honig
dtv, München 2004
ISBN 9783423244220
Taschenbuch, 118 Seiten, 12,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Sabine Hübner. Etwas Unerhörtes ereignet sich in einem palästinensischen Dorf: Von der Moschee ruft eine Frau zum Gebet. Sie bricht eines der tiefsten islamischen Tabus: Ruhiya, die Tochter des Muezzins, führt anstelle ihres kranken Vaters den Ruf zum Morgengebet aus. Zur selben Zeit, als sie sich auf den Weg zur Moschee macht, bereitet sich in Jerusalem ein junger Mann namens Yehya, ihre Jugendliebe, auf ein Selbstmordattentat vor. Bevor er sein Vorhaben ausführen kann, hört er Ruhiyas Ruf, und anstatt seinen Sprengstoffgürtel zu zünden und sich in die Luft zu sprengen, rennt er davon. Am selben Tag kommt eine ausländische Journalistin in das Wüstendorf, angelockt von Gerüchten um einen weiblichen Muezzin. Sie trifft auf eine Mauer des Schweigens und beginnt nach Antworten auf ihre Fragen zu suchen - mit Hilfe eines kleinen Mädchens, das alles hört und sieht. Es kommen Geheimnisse aus einer gewalttätigen Vergangenheit ans Licht ...

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.11.2004

Am Beginn dieser Novelle steht ein eklatanter Tabubruch: Eine Frau, die Tochter des erkrankten Muezzins, steigt auf das Minarett und ruft zum Morgengebet. Sie muss daraufhin das Dorf verlassen, gemeinsam mit einem Freund, der sich weigert, ein Selbstmordattentat zu begehen. Erzählt wird die "Geschichte eines Tages von Morgendämmerung bis Sonnenuntergang". Es gelinge der Autorin dabei, so der Rezensent (Kürzel "sab"), zwischen der stilistisch nüchternen britischen und der "metaphorischen Üppigkeit der arabischen" Erzählweise zu vermitteln. So komme eine "vielschichtige und poetisch dahinfließende Erzählung" zustande.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.10.2004

Ein Buch mit einer Botschaft, auf die die Welt gewartet hat: Die Liebe hilft gegen den Terrorismus, wie wunderbar. Im Wesentlichen geht es in diesem Roman, so Rezensentin Gabriele Killert, um die mutige Tochter eines Muezzins, der es gelingt, durch ihre Liebe einen jungen Mann von einem Selbstmordattentat abzuhalten. Die beiden, Liebe und Tod symbolisierend, können jedoch nicht zusammenkommen, da sich herausstellt, dass sie Bruder und Schwester sind. Erzählt wird das Ganze von fünf verschiedenen Erzählern, den "Hauptprotagonisten", und in einem enorm blumigen und lyrischen Stil - Killert fragt sich allerdings, ob dieser nun der libanesischen Herkunft der Autorin Ghandour oder dem Überschwang der Übersetzerin Hübner zu verdanken ist.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.10.2004

Die Rezensentin Katharina Granzin ist hellauf begeistert von diesem Buch und staunt über die Fähigkeit der Autorin "ihren komplexen Stoff in eindrückliche, poetische Bilder zu bannen". Ihr gefällt Zeina B. Ghandours "lyrisch inspirierter" Stil. Gleichzeitig ist sie beeindruckt von dem vielschichtigen, differenzierten Blick auf den Islam, der Dreh- und Angelpunkt ihrer Erzählung ist. Da stört es auch kaum, dass die Geschichte in diesem Roman nach Granzins Meinung nicht ihr volles Potenzial ausschöpft und dass man nach der Lektüre das Gefühl hat, eine "schöne, schwungvolle, doch nicht in allen Feinheiten ausgeformte Skizze zu betrachten". Ein weiteres Manko: An manchen Stellen empfindet sie die beschriebene "weibliche Solidarität" als "plakative Überverdeutlichung". Alles in allem ist sie jedoch schwer angetan von diesem "brisanten Stoff", von dem sie hofft, dass sich die Autorin noch einmal dransetzt und ihn zu einem "großen Roman" verarbeitet.
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