Seit Jahren sagen vom
monotonen Superheldenkino unserer Gegenwart ermüdete Kritiker einen Kollaps des
Marvel-
Systems voraus. Und tatsächlich befindet sich das seit den Nullerjahren von einem sagenhaften Erfolg verwöhnte, zum Disney-Konzern gehörende Franchise derzeit in einer
handfesten Krise,
schreibt Tatiana Siegel in einem detaillierten Longread. Diese Krise hat vor allem auch damit zu tun, dass der zuletzt von Kinofilmen und TV-Serien für die nächste Palette an Produktionen als neuer Superschurke aufgebaute Schauspieler
Jonathan Majors gerade wegen häuslicher Gewalt vor Gericht steht, aber auch mit einer Reihe von enttäuschenden Performances an den Kinokassen, einer zum Werbeboost von Disney+ künstlich herbeigeführten Überproduktion an Serien und mit einem von vielen diagnostizierten
Qualitätsabfall in der Produktion. "Marvels gesamtes Videoeffekte-Geschwader kämpft darum, mit dem konstant anhaltenden Strom an Produktionen mitzuhalten. Als im vergangenen Februar bei der Weltpremiere von 'Quantumania' der Abspann lief, gingen angesichts der
räudigen CGI Schockwellen durch das Regency Village Theatre in Westwood. 'In mindestens zehn Szenen wurden die VFX in letzter Sekunde hinzugefügt und sie waren
unscharf', sagt ein alteingesessener Filmhändler. ... Der verschobene Starttermin für 'The Marvels' setzte das 'Ant-Man'-Sequel unter enormen Druck: Der Plan für die Postproduktion verlor viereinhalb Monate. Die Marvelfilme sind zwar bekannt dafür, dass an ihnen bis zuletzt gearbeitet wird, zumal angesichts dessen, dass Produzent Kevin Feige in der Lage ist, 'die Landebahn aufzuschäumen und das Flugzeug sicher zu landen', wie ein Manager mit Einblick in die Firma sagt. Aber
eine Bauruine dieses Ausmaßes war bislang einzigartig, wie auch die vernichtenden Kritiken feststellten, als der mit
200 Millionen Dollar budgetierte Tentpole-Film elf Tage nach seiner Premiere in den Kinos anlief. Die Kritiker waren nicht die einzigen mit verhagelter Laune. Da sie den Hals gestrichen voll haben von 14-stündigen Arbeitstagen und keinen Überstunden, sprachen sich die VFX-Arbeiter von Marvel im September einstimmig dafür aus, sich
gewerkschaftlich zu organisieren und lösten damit einen branchenweiten Trend aus."