Jonathan Franzen

Wann hören wir auf, uns etwas vorzumachen?

Gestehen wir uns ein, dass wir die Klimakatastrophe nicht verhindern können
Cover: Wann hören wir auf, uns etwas vorzumachen?
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2020
ISBN 9783499004407
Gebunden, 64 Seiten, 8,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Bettina Abarbanell. Wir müssen der Wahrheit ins Gesicht sehen, sagt Jonathan Franzen, der sich seit vielen Jahren mit Themen des Umweltschutzes beschäftigt. Das Spiel ist aus, wir werden den Klimawandel nicht mehr kontrollieren, die Katastrophe nicht verhindern können. Das Pariser Abkommen, das Zwei-Grad-Ziel, "Fridays for Future", die Bepreisung von CO₂: alles zu spät, nachdem 30 Jahre lang vergeblich versucht wurde, die globale Erwärmung zu reduzieren. Aber das ist kein Grund zum Aufhören und schon gar nicht das Ende von allem. Wir sollten uns vielmehr neu darauf besinnen, was uns wichtig ist. Deshalb, so Franzen, wird es jetzt Zeit, sich auf die Folgen vorzubereiten, zum Beispiel auf Brände, Überschwemmungen und Flüchtlingsströme. Es geht aber auch darum, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um unsere Gesellschaften, unsere Demokratien zu festigen.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 08.02.2020

Rezensent Michael Pilz hat sich mit drei eher ungewöhnlichen Appellen in Sachen Klimawandel auseinandergesetzt. Jonathan Franzen zeigt sich in seinem neuesten Essay einmal mehr skeptisch gegenüber der Hysterie der derzeitigen selbsternannten Klimaschützer und plädiert stattdessen für "eine pragmatische Moral und eine praktikable Ethik", erklärt der Kritiker. Franzen entlarvt das Idealbild einer Welt ohne Menschen, das die radikalen Klimaschützer propagieren, als reine Fiktion, die keinen praktikablen Nutzen habe: Besser sei doch ein Fokus auf möglichst ökologischem Konsum, Natur- und Artenschutz und sozialer Fairness, gibt Pilz seinen Standpunkt wieder.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.02.2020

Alex Rühle verteidigt Jonathan Franzens Essay "Wann hören wir auf, uns etwas vorzumachen?". Zu Unrecht werde der amerikanische Schriftsteller aufgrund seiner These - der Klimawandel sei nicht mehr aufzuhalten - als Zyniker abgestempelt. In der Einstellung Franzens sieht der Rezensent höchstens einen pessimistischen Realisten, dem er zugute hält, dass er eine "Ethik des Trotzdem" entwirft. Sagen will Rühle damit, dass Franzen den Klimawandel zwar hinnehme, ihn aber keineswegs abtue oder leugne. Dem Rezensenten zufolge bietet Franzen eine solide Argumentation dafür, Hoffnung neu zu denken und schafft es, ethische und ressourcenschonende Aspekte im Blick zu behalten. Trotz des "unbedingt lesenswerten" Essays, kritisiert Rühle die "Schwarz-Weiß"-Malerei des Autors, der zwischen Klimaaktivisten und Umweltschützern unterscheidet und erstere stark abwerte.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 01.02.2020

Nicht erst als alle darüber sprachen, so bescheinigt Rezensentin Laura Sophia Jung dem Autor, hat Jonathan Franzen die Klimakrise interessiert. Er ist also schon länger dabei und hat selbst viele Widersprüche - etwa zwischen Klima- und Naturschutz - erlebt und per Shitstorm gewisse Angriffe in diesen Debatten erlitten.  Beeindruckt zeigt sich die Kritikerin von seiner Klarheit, mit der er die Erhitzung des Klimas als gegeben hinnimmt, dennoch aber nicht verzweifeln will. Auch unterhalb des aktiven Klimaschutzes gibt es, so hebt sie hervor, ein sinnvolles und zur "besseren Welt" beitragendes Leben. Zwar kritisiert Jung, dass Franzen zu wenig Zahlen aufführt, um seine Thesen zu unterstreichen. Aber die Forderungen nach einem "holistischen" Vorgehen in der Klimadebatte, etwa nach Charles Eisenstein ("Klima"), ist für die Rezensentin in jedem Fall eine ermutigende Intervention des amerikanischen Schriftstellers.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 31.01.2020

Angela Schader scheint Jonathan Franzen gleichauf mit Voltaire. Franzens schmales Plädoyer für Achtsamkeit im Umgang mit der Umwelt und Handeln im Kleinen scheint ihr zwar wenig Trost zu bieten angesichts der auch vom Autor dargelegten dystopischen Tendenzen des Weltgangs, defätistisch findet sie es aber auch nicht. Im Gegenteil, Franzens unbequemer Pragmatismus scheint die Rezensentin zu beeindrucken. Dass der Planet nicht zu retten, aber lebensverlängernde Maßnahmen zu beherzigen sind, ist die dornige Botschaft, die Schader aus der Lektüre mitnimmt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 28.01.2020

Günther Wessel geht Jonathan Franzens Pessimismus etwas zu weit. Dass die Klimaerwärmung nicht mehr aufzuhalten ist, wie der Autor behauptet, und wer das Gegenteil sagt, eine politische Agenda verfolgt, scheint Wessel "leicht perfide" argumentiert. Dabei findet er Franzens Idee eines breiter gefassten Umweltbewusstseins gar nicht so übel, schließlich ist Artenschutz auch ein wichtiges Thema und die Demokratie auch. Franzens elegante Schreibe täuscht den Rezensenten aber nicht darüber hinweg, dass der Autor mut- und visionslosen Politikern möglicherweise einen Persilschein ausstellt.