Adam Soboczynski

Traumland

Der Westen, der Osten und ich
Cover: Traumland
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2023
ISBN 9783608986389
Gebunden, 176 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Ein persönlicher Blick auf eine Epoche der Freiheit im Osten wie im Westen Europas. Adam Soboczynski hilft uns uns selbst ebenso zu verstehen wie diesen seltsamen Osten Europas. Er erzählt von seiner Jugend in der Bonner und dem Erwachsensein in der Berliner Republik, von der großen Freiheit zwischen den Jahren 1989 und 2022, und wie sie verloren zu gehen droht - in beiden Teilen Europas. Im Osten wird sie von außen bedroht, im Westen durch innere Kämpfe.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.09.2023

Zunächst hat Rezensent Jörg Thomann die Befürchtung, dass der Titel von Adam Soboczynskis Buch womöglich etwas zu großspurig ausgefallen sei. Aber dann füllt der Literatur-Redakteur Sobocynski das doch gut aus, nickt der Kritikerkollege ab. Es geht um die Biografie des Autors, dessen Familie aus Polen nach Westdeutschland auswanderte, und um das Aufwachsen in diesem "versachlichten" Land im Gegensatz zur "stürmischen" Heimat Polen. Dabei widme sich Sobocynski dem abschätzigen Blick, mit dem Polen vom Westen bedacht wurde, der damit einhergehenden Ignoranz gegenüber polnischen Literaten, und auch anderen geografische Stationen wie einer Reise nach Moskau, wo der Besuch eines Tolstoi-Museums zur Passage von "grotesker und erhellender Komik" gerät, lobt Thomann. Auch sonst schreibe Sobocynski "leicht" und "elegant"; der Kritiker freut sich zudem über einige aus dem Vorgängerbuch des Autors übernommene, besonders gelungene Sprachbilder. Dass es dann in der Beschreibung der achtziger Jahre bis "kurz vor heute" als dem kleinen, goldenen Zeitfenster des blühenden westlichen Liberalismus sehr nostalgisch zugeht, findet der Kritiker zwar etwas "generationgolfig", aber berechtigt und verzeiht das dem Autor daher gerne.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.09.2023

Rezensent Harry Nutt lobt Adam Soboczynskis intelligenten Essay über seine Migration aus Polen nach Westdeutschland zunächst einmal für das, was er nicht ist und nicht hat: Sprachliche Ornamentik zum Beispiel, unangemessene Gefühligkeit, Bekehrungswille oder jenen allzu vertrauten "Abrechnungsfuror", den man von vielen Texten ähnlicher Art inzwischen gewohnt sei. Soboczynski erzählt stattdessen mit laut Kritiker angenehm kühler, teils ironischer Distanz von der großen Enttäuschung und Selbsttäuschung - und zwar nicht nur der privaten, sondern der gesellschaftlichen beziehungsweise der privaten, die eine gesellschaftliche ist: Spätestens mit dem Krieg gegen die Ukraine, erkenne der Autor, sei das "Traumland" Westdeutschland mit seinem Versprechen von ewigem Wohlstand und Frieden - auf der Grundlage billiger russischer Erdgaslieferungen - in die Brüche gegangen. Erste Risse hatten diesen Zusammenbruch jedoch schon lange angedeutet. Und von diesen Risse erzähle Soboczynski in seiner "Coming-of-Age-Geschichte", die auch eine "Apologie" sei auf den untergegangenen Sehnsuchtsort Westdeutschland. "Traumland" ist somit ein Beleg dafür, wie aufschlussreich ein Perspektivwechsel beim Blick auf die Geschichte Westeuropas sein kann, so der angeregte Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.09.2023

Rezensent Joachim Käppner ist begeistert von diesem Buch über Deutschland und die Deutschen, dessen Tenor er in der Überschrift "Heult mal leiser" zusammenfasst. Autor Adam Soboczynski kam Anfang der 1980er mit seinen Eltern nach Deutschland, erfahren wir, die unerträglichen Zustände im realsozialistischen, von politischer Unterdrückung und um sich greifender Hoffnungslosigkeit geprägten heimischen Polen kommen zur Sprache. Deutschland erscheint der Familie demgegenüber als ein Land, in dem man sein Glück finden kann, erzählt Käppner, wobei der Autor die neue Heimat keineswegs idealisierte: Deutschland ist für ihn ein Land der Täter, das einerseits noch von der NS-Vergangenheit geprägt ist, andererseits im permanenten Beschwerdemodus feststeckt. Es ist ein Land, das um sein eigenes Glück nicht weiß, sich in absurden Grabenkämpfen - unter anderem angezettelt von den Advokaten der Wokeness - verzettelt und dabei die aufstrebende Gefahr von Rechts übersieht, lernt der zustimmende Kritiker, der das Buch auch als Eloge an die in Deutschland leider oft nicht hoch genug geschätzte Freiheit liest.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 22.07.2023

Selten liest man so präzise Erinnerungsbücher, die es auch noch vermögen, das Private so kunstvoll mit dem Persönlichen zu verweben, meint Rezensent Micha Brumlik zu Adam Soboczynskis Erinnerungen von Kindheit in Polen und Ausreise nach Westdeutschland. Der 1975 geborene Autor lässt für Brumlik den Untergang des Staatskommunismus ebenso lebendig wieder auferstehen wie die Schattenseiten, die das Leben in einer westlichen Demokratie mit sich gebracht hat, von Problemen des Kapitalismus bis zum ausufernden Rassismus der neunziger-Jahre. Für den Kritiker auch durch Anleihen an Vorbilder wie Walter Benjamin und Stefan Zweig ein lesenswertes Buch.