Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine
antisemitische Schmähskulptur aus dem 13. Jahrhundert weiter an
Luthers Kirche in Wittenberg prangen darf. Die Richter sehen das Werk durch eine Gedenktafel und eine Bodenplatte
ausreichend kontextualisiert. Aber
taz-Autor Klaus Hillenbrand hat den Text der Platte mal gelesen und
fragt bestürzt: "Verstehen Sie das?" Denn der Text lautet: "Gottes eigentlicher Name, der geschmähte Schem Ha Mphoras, den die Juden vor den Christen fast unsagbar heilig hielten, starb in 6 Millionen Juden unter einem Kreuzeszeichen." Hillenbrand beantwortet seine Frage selbst: "Das Laufpublikum kann es sicher nicht. Es sieht den Judenhass an der Kirche und eine unverständliche Erklärung darunter. Deshalb stellt das Relief
weiterhin eine Beleidigung für Jüdinnen und Juden dar." Das Gericht hat darum für Hillenbrand eine Chance verpasst - wenigstens eine klare Erklärung verdienten die Hunderten Schmähplastiken an deutschen Kirchen schon.
In der
Welt ist Alan Posener
grundsätzlich zufrieden mit dem Urteil: "Eine weise Entscheidung, die überall dort zu beachten wäre, wo
Anhänger der '
Cancel Culture' beleidigende Standbilder, Straßennamen und dergleichen beseitigen wollen. Die
Lutherstadt hat es nicht verdient, von diesem Schandmal befreit zu werden", meint er, fordert allerdings ebenfalls von der Kirche mehr konkrete Auseinandersetzung und "weniger Geraune".
Kontextualisierung funktioniert auch nicht immer, meint dagegen in der
SZ Johann Schloemann und plädiert dafür, solche "extrem beleidigenden Bilder" einfach abzuhängen und
ins Museum zu bringen. Die Kirche in Wittenberg sei "kein Museum. Sie ist auch eine
lebendige Institution, die in den Stadtraum, in die Öffentlichkeit hineinwirkt, zumal in einer Stadt, die sich 'Lutherstadt' nennt. Vielleicht reichen kritische Führungen und sensible Hinweisschilder einfach nicht aus, um die
Symbolkraft des schlimmen Bildes zu entkräften."
Wichtig auch Christian Geyer in der
FAZ heute: "Der Übertritt eines Generalvikars zu den Altkatholiken enthüllt die Illusionen des
reformkatholischen Milieus."