Adania Shibli

Eine Nebensache

Roman
Cover: Eine Nebensache
Berenberg Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783949203213
Gebunden, 128 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Arabischen von Günther Orth. Was bewahren Geschichten? Was wird erzählt, was ausgelassen? Im Sommer 1949 wird ein palästinensischesBeduinenmädchen von israelischen Soldaten vergewaltigt, ermordet und in der Wüste verscharrt. Jahrzehnte später versucht eine junge Frau aus Ramallah, mehr über diesen Vorfall herauszufinden. Sie ist fasziniert, ja besessen davon, nicht nur wegen der Art des Verbrechens, sondern vor allem, weil es auf den Tag genau fünfundzwanzig Jahre vor ihrerGeburt begangen wurde. Ein Detail am Rande, das jedoch ihr eigenes Leben mit dem des Mädchens verknüpft. Adania Shibli verwebt die Geschichten beider Frauen zu einer eindringlichen Meditation über Krieg, Gewalt und die Frage nach Gerechtigkeit im Erzählen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.06.2022

Für Rezensentin Cornelia Geißler ist Adania Shiblis Roman ein seltenes Beispiel palästinensischer Literatur bei uns. Der Text, der die Vergewaltigung und den Mord an einem arabischen Mädchen in der Negev-Wüste durch israelische Soldaten im Jahr 1949 schildert und dann zur subjektiven Erzählung einer Palästinenserin übergeht, die den Vorfall 50 Jahre später recherchiert, entwickelt laut Geißler eine überraschende Kraft. Wie Shibli beide Teile miteinander verbindet und sprachlich durchdringt, findet Geißler kunstvoll und fesselnd. Eine gewisse Neigung der Erzählung ins Unwirkliche nimmt dem Text etwas von seiner Schwere, beruhigt Geißler uns.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 13.06.2022

Beeindruckt liest Carsten Hueck diesen schmalen Band, in dem die palästinensische Autorin Adania Shibli Gewalt und Angststrukturen im Nahen Osten erfahrbar mache. Shibli lässt darin eine junge Palästinenserin einer wahren Begebenheit nachgehen, die sich Ende der vierziger Jahre zutrug und bei der ein Trupp israelischer Soldaten auf eine Gruppe Beduinen stieß, die Männer erschoss (in welchem Kontext wird nicht klar) und ein junges Mädchen erst vergewaltigte und dann tötete. Wie Shibli die beiden schlichten Geschichten atmosphärisch dicht auflädt und dabei miteinander verknüpft, imponiert Hueck.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.04.2022

Rezensentin Katharina Teutsch ist sowohl von Adania Shibli, als auch ihrem Debüt "Eine Nebensache", das nun in deutscher Sprache erhältlich ist, begeistert. Der Erstling der 1974 geborenen Palästinenserin lässt sich in zwei Teile aufteilen: der erste Part des Romans beschreibt distanziert und sachlich ein reales, mit Wahnsinn vollzogenes Verbrechen aus dem Jahr 1949, bei dem ein Beduinenmädchen von israelischen Soldaten gefangen genommen, missbraucht und letztendlich getötet wurde, während sich der zweite Teil auf die Recherche bezüglich dieses Falls durch eine Ich-Erzählerin und ihren Alltag fokussiert, erklärt Teutsch. Schauplatz der Handlung ist dabei stets die stumme, leere Negev-Wüste. Dies ist ein großes, aktuelles Buch, welches die Rezensentin hoffen lässt, dass die Autorin noch mehr schreiben wird, schließt Teutsch.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.04.2022

Auch wenn Rezensentin Miryam Schellbach "die" palästinensische Literatur geografisch und sprachlich nur schwer eingrenzen kann, so wünscht sie sich zumindest mehr palästinensische Literatur wie diese. Adiana Shibli - sechssprachig, in drei Ländern wohnhaft und für Schellbach daher am ehesten eine "typische Diaspora-Palästinenserin aus dem Bildungsbürgertum" - erzählt in ihrem Roman von der Massenvergewaltigung und Ermordung einer Beduinin durch israelische Soldaten, der eine junge Palästinenserin nachgeht. Die Schilderung der Tat am Anfang des Romans findet die Kritikerin schwer erträglich und hätte der Autorin literarische Ausbeutung vorgeworfen, hätte sie es dabei belassen. Im Rest des Romans, in dem die Protagonistin sich mit falschem Pass durch Israel schlägt, lernt sie dann aber viel über die "historische Verpflichtung" und "gegenwärtige Begrenzung" dieser Figur und über die "impliziten Botschaften", die in diesem Land selbst in den kleinsten Gesten, Worten oder Kleidungsstücken stecken. Eine "leise", aber "präzise" Stimme im Nahostkonflikt und ein von Günther Orth hervorragend übersetztes Buch, das neugierig auf ausstehende Übersetzungen von Shiblis Werk macht, so die beeindruckte Rezensentin.
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