Adrian Nicole LeBlanc

Zufallsfamilie

Liebe, Drogen, Gewalt und Jugend in der Bronx
Cover: Zufallsfamilie
Zsolnay Verlag, Wien 2008
ISBN 9783552060845
Gebunden, 592 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Übersetzt aus dem Amerikanischen von Richard Obermayr. Jessica, ein wildes Mädchen, zieht Probleme magisch an. Ihr Freund, Drogendealer Boy George, sitzt lebenslänglich im Gefängnis, wo bald auch Jessica landet, weil sie zu viel weiß und zu wenig sagen will. Ihr Bruder Cesar sitzt wegen eines Gewaltverbrechens, seine Freundin Coco, selbst noch fast ein Kind, lebt mit ihren Töchtern schlecht und recht von der Sozialhilfe. Doch zu Weihnachten leiht sie sich Geld zu Wucherzinsen, um Geschenke für ihre Familie zu kaufen ... Adrian Nicole LeBlanc hat zehn Jahre lang das Leben von Jugendlichen in der Bronx in New York begleitet und ihr Vertrauen gewonnen. Sie erzählt von Mord, Vergewaltigung und ungewollter Schwangerschaft, vom trostlosen ewigen Kampf um Geld und Leben, aber auch von Hoffnung, Sehnsucht, Liebe und Freundschaft.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.09.2009

Zuhörenkönnen, Ausdauer und Zurückhaltung. Das sind die großen Vorzüge, die Harry Nutt an der Autorin schätzt, und ohne die, so seine Mutmaßung, ein Buch wie dieses nicht hätte entstehen können. Ein Buch wie dieses. Was genau es eigentlich darstellt, mag Nutt nicht entscheiden. Das "volle Programm" aus Liebe, Drogen, Gewalt in einem puertoricanischen Viertel der Bronx - ist es noch Dokumentation oder schon opulente Fiktion? Die Grenzen jeglicher Zuordnung sieht Nutt schon durch die schiere Fülle an Stoff gesprengt, die Adrian Nicole LeBlanc, die psychologisch und soziologisch geschulte Autorin, in 13 Jahren zusammengetragen hat. Teilnehmende Beobachtung, dieser Begriff scheint Nutt hier nicht recht zu passen, wo die Autorin zur Streetworkerin und Freundin wird und nicht einfach Interviews führt, sondern das "unsentimentale Sozialmärchen" tatsächlich mit(er)lebt, auf Behördengängen, bei Gerichtsterminen, im Alltag der Bronx eben. So wenig, wie sich Nutt beim Lesen durch methodologische Fragen gestört fühlt, so erstaunlich erscheint dem Rezensenten, das "kleine Wunder an narrativer Datenverarbeitung", die Fähigkeit der Autorin, ihr umfangreiches Personal, all die Cocos, Richies und Cesars über eine so lange Zeit zu begleiten und mit Witz und Neugier in Lebensgröße abzubilden.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.11.2008

Eindruck hat diese Ghetto-Innenansicht über das Aufwachsen puertoricanischer Teenager in der South Bronx auf Rezensentin Katharina Döbler gemacht. Die New Yorker Autorin verfolge die Geschichte einer jungen Frau, die mit 16 Jahren Mutter wird, bis zur Schwangerschaft ihrer 16-jährigen Tochter. Es sei eine Geschichte über Teenagermütter, sexuellen Missbrauch, Drogen, häusliche Gewalt und abwesende Väter, die im Gefängnis besucht werden. Geschildert würden der Alltag, Feste, Wohnungen und Träume der Ghettobewohnerinnen. Auch die Protagonistin habe von den 16 untersuchten Jahren zehn im Gefängnis verbracht. Die Rezensentin ist beeindruckt von der Lakonie der Sprache, die manchmal starke, eindrucksvolle Bilder erzeuge. Allerdings sei das Buch mangelhaft lektoriert und übersetzt.
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