Alain Claude Sulzer

Postskriptum

Roman
Cover: Postskriptum
Galiani Verlag, Berlin 2015
ISBN 9783869711157
Gebunden, 256 Seiten, 19,99 EUR

Klappentext

Lionel Kupfer, allseits umschwärmter Filmstar der frühen Dreißigerjahre, ist ins Hotel Waldhaus in Sils Maria gereist, um sich auf seine nächste Rolle vorzubereiten. Doch die Ereignisse überschlagen sich. Kupfer sieht sich mit der Tatsache konfrontiert, dass er als Jude in Deutschland unerwünscht ist. Der Vertrag für seinen nächsten Film wird aufgelöst. Die schlechte Nachricht überbringt ihm ausgerechnet Eduard, sein Liebhaber, dessen gefährliche Nähe zu den neuen Machthabern immer offenkundiger wird. Lionel Kupfer ist gezwungen, zu emigrieren.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.10.2015

Rezensent Thomas Steinfeld ärgert sich über den affirmativen Ton, mit dem Alain Claude Sulzer die Geschichte eines alternden homosexuellen Schauspielers in seinem Refugium in den Schweizer Bergen erzählt. Entscheidend ist für Steinfeld das Jahr, in dem die Geschichte spielt: 1933. All das, meint er, ist tausendfach schon erzählt worden, sodass es dem Leser nicht schwerfällt, sich die Atmosphäre im schönen Hotel Waldhaus zu vergegenwärtigen. Fragwürdig findet er das bruchlose Einfügen des Helden in die Zeitgeschichte, die vielen Klischees, das Auftreten Viscontis und Thomas Manns, weil die gezeigte Welt dadurch "gespenstisch unanfechtbar" wird, wie er schreibt. Steinfeld selbst würde sich dieser Zustimmung gerne verweigern und von der Zeit, in der die Geschichte spielt, lieber mehr erfahren.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.10.2015

Alain Claude Sulzers Roman über einen alternden homosexuellen Schauspieler im Jahr 1933 ist für Rose-Maria Gropp mehr als eine verdichtete Biografie, er ist verdichtete Epoche. Die geschilderte Affäre mit einem einfachen Postbeamten in Sils Maria ist laut Gropp nur der Aufhänger für eine Lebensgeschichte zwischen emotionaler Ausbeutung und Selbstverleugnung. Dass der Autor die Zeit des Nationalsozialismus nicht banalisiert, hält die Rezensentin Sulzer zugute, ebenso, wenn er die Figur nicht allzu sehr psychologisiert. Die kunstvolle Verschränkung von Motiven, Zeit und Raum sowie Sulzers Ironie, wenn er reales Zeitgeschehen und reale Personen "einschmuggelt", beeindruckt Gropp am meisten.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.10.2015

Ambivalent fällt Christoph Schröders Urteil zu Alain Claude Sulzers Roman über einen homosexuellen, jüdischen Schauspieler zur Zeit des Dritten Reichs und dessen Erinnerungen aus: Einerseits sei "Postskriptum" ein subtiler, elegant gebauter Roman "vom Vergessen und Vergessenwerden", in dem der Rezensent immer wieder auf "fein gearbeitete Szenen" und "atmosphärisch gelungene Darstellungen" stößt. Schröder zeigt sich beeindruckt davon, wie Sulzer in seinem Werk historische Eindeutigkeiten vermeide, wie er die soziale Struktur eines Schweizer Hotels und die beklemmende Engstirnigkeit der Nachkriegsjahre mit wenigen Worten beschreibt. Doch überrascht bis entsetzt ist der Kritiker, wenn es an die Darstellung von Leidenschaften geht: Dort wird Sulzers Sprache maniriert und kitschig, bedauert der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.08.2015

Hymnisch bespricht Rezensent Roman Bucheli Alain Claude Sulzers neuen Roman "Postskriptum". Der Kritiker begegnet in diesem ausgezeichnet komponierten und zügig erzählten Künstlerroman dem fiktiven in New York lebenden jüdischen Schauspieler Lionel Kupfer, der an seinen Ruhm in den zwanziger Jahren nie wieder anschließen kann und sein eigenes Scheitern schließlich - boshafte Pointe des Romans - in einem Visconti-Film spielt. In zahlreichen Momentaufnahmen liest Bucheli, wie der frühe Tod des großen Bruders das Leben Lionels überschattet, seine Kunst beeinflusst und wie verschiedene glänzend gezeichnete Figuren, etwa ein Angestellter der Schweizer Post, mit dem Lionel eine kurze Liebesaffäre beginnt, in sein Leben treten und wieder verschwinden. Nicht zuletzt dank der subtilen Anspielungen auf die "monströsen" Ereignisse des 20. Jahrhunderts kann der Kritiker diesen virtuosen Roman über die Tragödie des Verschwindens nur nachdrücklich empfehlen.