Alfred Grosser

Wie anders ist Frankreich?

Cover: Wie anders ist Frankreich?
C.H. Beck Verlag, München 2004
ISBN 9783406528798
Gebunden, 240 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Alfred Grosser, der im Februar 2005 seinen 80. Geburtstag feiert, verkörpert wie kein anderer Intellektueller einen neuen Anfang in den deutsch-französischen Beziehungen nach 1945. Seit seinen frühen Publikationen hat sich der Friedenspreisträger unermüdlich darum bemüht, Franzosen und Deutsche einander näherzubringen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede der jeweiligen politischen Kultur aufzuzeigen. 2002 erschien sein vielbeachteter Band Wie anders sind die Deutschen?, in dem er die Berliner Republik und ihre Bürger aus der Perspektive Frankreichs in den Blick nahm. Nun folgt mit seinem neuen Buch der Blick auf Frankreich, dessen Politik für uns oft so unübersichtlich oder gar unverständlich ist. Grosser beschreibt anschaulich das immer noch nachwirkende Erbe der revolutionären Vergangenheit, die komplexen Mechanismen des politischen Systems, die Strukturen der französischen Gesellschaft, die besondere Rolle der Kultur und Frankreichs Position in Europa und der Welt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 20.07.2005

Für sich eingenommen hat Alfred Grosser den rezensierenden Historiker Wolfgang Kruse vor allem mit seinem Hinweis auf einen bedeutenden Unterschied: dass nämlich in Frankreich nur sein Abitur bekommt, wer sich in Geschichte mündlich und schriftlich hat prüfen lassen. Aber auch sonst sieht Kruse feine Beobachtungen und kluge Unterscheidungen gemacht. Denn es geht Grosser, betont der Rezensent, nicht um die Unterschiede in Sachen Ess- und Weinkultur, sondern um die Grundlagen von Gesellschaft, Politik und Öffentlichkeit. Die schildere Grosser mit historischer Tiefenschärfe, betont Kruse, ob nun das dynamische Parteiensystem, den Republikanismus, die Tradition der öffentlichen Klagelieder, das familienfreundliche Erziehunsgssystem oder die Einwanderungspolitik.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.03.2005

Sehr erhellend findet Rezensent Rupert Neudeck diese "anschaulichen Lektionen und Informationen", die Alfred Grosser über unsere französischen Nachbarn gibt. Über das französische Laissez-faire mit politischen Irrtümern und die gravierende Unterschiede in der Außenpolitik insbesondere in Sachen Stil unterrichte der in Deutschland geborene französische Politikwissenschaftler ebenso wie über die Eigenheiten des französischen Kulturbetriebs. Auch über das Verhalten der Franzosen in der Wirtschaftskrise erfahre man einiges. Etwa, dass Frankreich trotzdem mit 1,9 Kindern neben Irland das gebärfreudigste Land Europas ist. Lobend hebt Neudeck hervor, dass Grosser seinen Gegenstand stets mit kritischen Wohlwollen und Humor, nie aber mit Häme oder Missgunst beschreibt. Und so resümiert der überzeugte Rezensent: "Ein fulminantes Buch, das uns auch einen Spiegel der Selbsterkenntnis aus dem Blickwinkel der Fremderkenntnis zuwirft."
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.02.2005

Michael Mönninger hat an Alfred Grossers Studie zu Frankreichs Selbstverständnis wenig auszusetzen. Verständlich stelle er die Widersprüche vor, mit denen Frankreich vor allem im vergangenen Jahrhundert zu kämpfen hatte und weist damit die "Mär" von der glücklicheren Geschichte des Landes weit zurück. Die Niederlage im Zweiten Weltkrieg sowie die Konflikte in Indochina und Algerien hätten ohne Präsident de Gaulle wahrscheinlich zur "Selbstzerfleischung" geführt. Im historischen Urteil sei Grosser allerdings "schärfer" als in der Offenlegung heutiger Schwächen. Mönninger vermisst eine Kritik des Präsidialsystems oder eine Behandlung des "längst überfälligen" Staatsumbaus. Diese Mängel fallen aber nicht so sehr ins Gewicht. Denn Grosser konzentriere sich auf die Helden des französischen Alltagslebens wie Grundschullehrer und Bürgermeister, wodurch man mehr über die individualistische Gemeinschaftsmoral der Franzosen bekommt "als durch jede Institutionenanalyse".