Alissa Ganijewa

Die russische Mauer

Roman
Cover: Die russische Mauer
Suhrkamp Verlag, Berlin 2014
ISBN 9783518424254
Gebunden, 232 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Christiane Körner. Schamil, ein junger Dagestaner, der sich nach Verlust seines Verwaltungsjobs als Lokalreporter versucht, trifft die Redaktionskollegen in großer Aufregung an. Gerüchte über eine Mauer, die die Russen bauen, um den Kaukasus abzutrennen, machen die Runde. In der Stadt am Kaspischen Meer greift Unruhe um sich, täglich finden Versammlungen statt: Pro-islamische Demonstranten aus Kumykien und Streiter für ein "vereinigtes Lesgistan" debattieren über Grenzfragen, die Atmosphäre ist aufgeheizt. Angst liegt in der Luft.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.07.2014

Für die Schilderung der unruhigen sozialen und politischen Situation in der Republik Degestan in ihrem Roman kann die Debütantin Alissa Ganijewa auch aus ihrem eigenen Erfahrungsschatz schöpfen, erklärt Katharina Granzin. Im Modus der indirekten Vermittlung erzählt sie die Geschichte eines jungen, orientierungslos durchs Leben ziehenden Mannes im Angesicht eines islamistischen Putsches, schreibt sie weiter: Die Ereignisse haben sich immer schon ereignet, oft wissen die Figuren erst im Nachhinein, was um sie herum geschehen ist. In einer ähnlich orientierungslosen Situation befindet sich auch das Lesepublikum, wenn es mit einer Vielzahl von Stimmen und Textsorten sowie einer überbordenden Anzahl von Charakteren hantieren muss, schreibt die Kritikerin, die aus ihrer Ermüdung darüber keinen Hehl macht: Diese könne man aber durchaus als beabsichtigt erachten, erklärt sie weiter: Es handele sich dabei womöglich "um die literarische Dekonstruktion einer dagestanischen Identität", die es im Vielvölkerstaat so überhaupt nicht geben kann.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.03.2014

Rezensent Burkhard Müller hat Alissa Ganijewas Debütroman "Die russische Mauer" mit gemischten Gefühlen gelesen. Interessiert liest er zunächst den unterhaltsamen Roman um die schwierigen sozialen und politischen Verhältnisse in der Kaukasus-Region Dagestan, in der etwa 30 Völker in Bürgerkriegs-ähnlichen Zuständen miteinander leben, und in einer Vielfalt von Sprachen kommunizieren, die nur durch zahlreiche Fußnoten erläutert werden können. Allerdings muss der Kritiker gestehen, dass nicht nur der Protagonist Schamil recht "blass" bleibt, sondern auch die Pointe des Buches - Russland baut eine Mauer um Dagestan, um die Widerständler zu zähmen - bald ihren Reiz verliert. So folgt der Rezensent zwar durchaus gespannt dem ausbrechenden Chaos in der südlichen Provinz, hofft aber, dass die junge, talentierte Autorin in nachfolgenden Büchern noch zu ihrer Form findet.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.02.2014

Mitunter geht es Sabine Berking zu weit mit der sprachethnologischen Vielfalt in diesem Romandebüt der dagestanischen Autorin Alissa Ganijewa. Dass in Dagestan neben den Darginern auch Aserbaidschaner, Lesgier, Kumyken, Laken und Nogier leben und dass es dieses kleine Land schier zerreißt zwischen westlicher Trashkultur und Tradition, hätte sie auch ohne so manches darüber hinaus auch noch langatmig erläuterte Idiom erfahren können. Ein Glossar wäre übrigens gut gewesen, meint Berking. Ansonsten aber findet sie die Stimmenpolyphonie und die von der Autorin gewählte männliche Perspektive bemerkenswert. Wie ein Land langsam in den Bürgerkrieg rutscht, weil alles drunter und drüber geht, wie der junge Lokalreporter Schamil kaum Halt findet und die Gewaltspirale wächst, das erzählt Ganijewa für Berking in beeindruckender Weise. Auch wenn der Roman die Rezensentin sprachlich nicht immer überzeugt.
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