Alissa Ganijewa

Eine Liebe im Kaukasus

Roman
Cover: Eine Liebe im Kaukasus
Suhrkamp Verlag, Berlin 2016
ISBN 9783518425541
Gebunden, 240 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen und mit einem Nachwort von Christiane Körner. Marat, ein junger Anwalt, kehrt aus Moskau in seine Siedlung am Kaspischen Meer zurück. Seine Eltern haben bereits den Hochzeitssaal gebucht. Sie sind fieberhaft dabei, ihrem Sohn eine geeignete Braut zu präsentieren, während ihn der Fall einer ermordeten Bürgerrechtlerin nicht loslässt. Patja, auch sie aus Moskau zurückgekehrt, versucht sich vor den Nachstellungen Timurs in Sicherheit zu bringen, mit dem sie sich fünf Monate lang auf Facebook geschrieben hat und der sie, zur Freude der Eltern, partout heiraten will. Die Präsentation der Kandidaten, ein wandernder Brautzirkus, führt quer durch die Milieus. Während des Vorstellungsmarathons kreuzen sich die Wege von Patja und Marat, die sich heftig ineinander verlieben. Romeo und Julia auf dem kaukasischen Dorf?

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 31.12.2016

So kritisch die Autorin dagestanische Verhältnisse zwischen Salafismus und organisierter Ehe unter die Lupe nimmt, so versöhnlich klingt das Ende ihres Romans auf symbolischer Ebene, meint Ilma Rakusa. Alissa Ganijewas Text begeistert die Rezensentin mit einem scharfen, gnadenlosen Blick auf die Verhältnisse, einem raffinierten Aufbau, vielen Perspektivwechseln und einer idiomatischen Sprache. Wie die Protagonistin in letzter Minute von einem Engel vor der Zwangsverheiratung gerettet wird und Ganijewa den Irrwitz des Aberglaubens im Kaukasus, die kaputte postsowjetische Welt und die Haltbarkeit von Familienbanden vorführt, findet Rakusa stark.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 24.11.2016

Rezensent Moritz Scheper freut sich über einen neuen Roman der jungen, "gewitzten" Autorin Alissa Ganijewa. Wie Ganijewa mit einer ordentlichen Portion Melodramatik ihr Heimatland Dagestan verpackt in einer Liebesgeschichte beschreibt, von Moskauer Moderne und archaischer Realität erzählt und dabei in "schnoddrigem" Ton die gesamtrussische Situation und die kaukasischen Eigenheiten schildert, ringt dem Kritiker höchste Anerkennung ab. Ein grandioser Roman, der schonungslos ist und doch voller "verschmitztem Wohlwollen" steckt, schließt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.11.2016

Fasziniert, aber auch manchmal etwas verloren liest Rezensentin Nina Apin diesen Roman. Was weiß sie schon über Dagestan? Über Stammesbräuche und Waldbrüder? Gott sei Dank gibt es ein Glossar, das vieles erklärt. Und auch das Nachwort von Übersetzerin Christiane Körner fand Apin außerordentlich erkenntnisfördernd. Im Vordergrund  steht die Geschichte zweier moderner junger Menschen, die sich den Traditionen nicht entziehen können: Studieren ist ja ganz schön, aber Heiraten und Kinderkriegen wichtiger. Und doch werden in dieser postsowjetischen Gesellschaft, die Autorin Alissa Ganijewa im "Technicolor-Panorama" vor uns ausbreitet, so Apin, die Bräuche nur noch halb erinnert. Zu viel ist zu lange unterdrückt oder von religiösen Fanatikern verzerrt worden. Auf einer zweiten Ebene erzählt Ganijewa deshalb auch von den verschütteten Sufi-Traditionen Dagestans. Alles in allem eine "interessante Lektüre" für Apin.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.10.2016

Den deutschen Titel von Alissa Ganijewas zweitem Roman findet Tilman Spreckelsen ein wenig unpassend. Denn hier geht es nicht bloß um "eine Liebe im Kaukasus"; vielmehr zeichnet die Autorin ein konzentriertes Porträt ihres Heimatlandes Dagestan und beleuchtet die Konflikte zwischen den Generationen, Laizismus und Religion und zwischen postsowjetischer Rationalität und dem Festhalten an alten Ritualen, klärt der Kritiker auf. Er liest hier nicht nur, wie sich Islam und Altkommunismus verknüpfen, sondern erfährt auch einiges über die ambivalente Rolle der Frauen, die sich einerseits über private Sexfilme, andererseits über die Rekonstruktion des Hymen unterhalten und sich mit dem Nebeneinander der Werte arrangieren. Die Liebesgeschichte um Patja und Marat, die von ihren Eltern aus unterschiedlichen Gründen zur Heirat gezwungen werden, erscheint dem Kritiker hingegen bisweilen zu konstruiert.
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