Aravind Adiga

Amnestie

Roman
Cover: Amnestie
C.H. Beck Verlag, München 2020
ISBN 9783406755514
Gebunden, 286 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Danny, eigentlich Dhananjaya Rajaratnam und ursprünglich aus Sri Lanka, ist der Status als Flüchtling in Australien verwehrt worden. Nun wohnt er als Illegaler im Lagerraum eines Supermarkts in Sydney und schlägt sich seit drei Jahren als Putzkraft durch. Er ist nahe dran, ein beinahe normales Leben führen zu können. Aber dann erfährt er, dass eine seiner Kundinnen ermordet wurde. Details vom Tatort lassen ihn vermuten, der Liebhaber der Frau, ein Arzt und ebenfalls ein Kunde, könnte in den Mord verstrickt sein. Die beiden hatten die Angewohnheit, Danny bei ihren Rendezvous wie ein Maskottchen in der Nähe haben zu wollen. Er zögert, die Polizei zu informieren, denn als entdeckter illegaler Einwanderer würde Danny auf eine abgelegene Insel vor Australien deportiert. Dann bestellt der verdächtige Arzt Danny wieder zu sich...

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.11.2020

Rezensentin Judith von Sternburg liest den neuen Roman von Aravind Adiga zunächst mit großem Vergnügen: "Amnestie" erzählt von einem Tag im Leben des Tamilen Dhananjaya Rajaratnam, der sich ohne Papiere in Sidney durchschlägt. Sternburg kann ihn gut leiden, wie alle Protagnisten Adigas nimmt er sie mit seinen aufgeweckten Plappereien ein. Doch im Laufe des Romans trüben sich Dhananjayas originelle Gedanken über die "Internationalen Weltmeisterschaften" in Flucht und Migration merklich ein, bemerkt Sternburg, findet dies aber nicht minder beeindruckend. Was als schillernde Erzählung begann, endet als düstere Geschichte über die "Zermahlung des Menschen" in der globalisierten Welt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.10.2020

"Krimi oder Roman?" fragt sich Rezensent Kai Spanke in Bezug auf Aravind Adigas "Amnestie". Recht krimitypisch erscheint zunächst zumindest die Handlung: Ein illegaler Einwanderer mit dem Spitznamen Danny verdächtigt einen Arzt, seine Libehaberin ermordet zu haben, während der Arzt wiederum um Dannys prekären Status weiß, lesen wir, und so finden sich die Kontrahenten in einem typischen "Mexican Standoff". Aber Danny ist nicht nur Krimiheld, sondern auch Flaneur und Gesellschaftsanalytiker, so Spanke. Mit viel Feingefühl und einer gewissen Begabung für die Nachahmung, versucht er die zugrundeliegenden sozialen Strukturen der Großstadt zu durchschauen. Dabei gerät die Krimihandlung jedoch zusehends ins Stocken, bedauert der Rezensent. Statt eines angemessenen Showdowns bekomme der Leser "Introspektion", statt sensibler Figurenzeichnung, Plottwists und Spannungssteigerung gibt es politische Aufklärung. Ein Hybrid also, schlussfolgert Kai Spanke, doch die richtige Ausbalancierung zwischen Krimi- und Belletristik-Elementen gelingt dem Autor leider nicht ganz.
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