Barbara Ehrenreich

Qualifiziert und arbeitslos

Eine Irrfahrt durch die Bewerbungswüste
Cover: Qualifiziert und arbeitslos
Antje Kunstmann Verlag, München 2006
ISBN 9783888974366
Gebunden, 256 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

In ihrem neuen Buch beleuchtet Barbara Ehrenreich einen weiteren dunklen Fleck der liberalisierten Arbeitswelt: den arbeitslosen Mittelstand. Ausgerüstet mit einer neuen Identität und einem Lebenslauf voller Qualifikationsnachweise versucht sie fast ein Jahr lang mit vollem Einsatz, Arbeit zu finden. Doch aus dem geplanten direkten Weg zu einer neuen Festanstellung wird eine Irrfahrt durch die Bewerbungswüste. Eine Schattenwelt tut sich auf: Vermittlungsagenturen, Berater und Karrierecoachs bieten ihre Dienste an, Imagepflege, Networking und der Besuch von Jobmessen füllen die Tage. Obwohl die Arbeitssuche sich zum Fulltimejob auswächst, schafft Barbara Ehrenreich es kaum bis zum ersten Vorstellungsgespräch. Umso tiefer sind ihre Einsichten in die Selektionsmechanismen einer Arbeitswelt, die längst auch die nicht mehr verschont, die studiert, sich qualifiziert und somit "alles richtig gemacht" haben.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.04.2006

Wer auf Jobsuche ist, dem dürfte bei der Lektüre dieses stellenweise "hochkomischen Werkes" das Lachen eher vergehen, glaubt Frank Keil. Die Soziologin Barbara Ehrenreich hat sich undercover in Amerikas Choaching- und Jobberatungen begeben. Schnell wird klar, so der Rezensent, dass die Suche nach einem "soliden Job" selbst ein "zeitfüllender Job" ist. Aber das ist ebensowenig eine überraschend neue Einsicht, wie die "Allerweltsweisheit", das Anschreiben immer persönlich zu adressieren. Keil bezweifelt, ob sich die amerikanischen Verhältnisse des Hire and Fire auf Deutschland übertragen lassen. Zumindest der Ratschlag "evangelikaler Arbeitsberater", ein Bewerbungsschreiben immer zuerst an Gott zu richten, dürfte hierzulande kaum notwendig sein. Und dennoch lohne sich die Lektüre, meint der Rezensent schließlich - weil sie ein paradoxes Phänomen beschreibt: jene "frei flukturierenden Kräfte aus dem pädagogisch-beraterischen Millieu", die selbst auf ein Stück vom großen Jobkuchen hoffen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.03.2006

Barbara Ehrenreichs Beschreibung ihrer "Irrfahrt durch die Bewerbungswüste" besteche durch eine "gewisse Komik" und leichte Konsumierbarkeit, meint Evelyn Finger, die das "erschütternde" Buch alles in allem aber doch für schwer verdaulich hält. Die Grundaussage, dass es nicht die Leistung ist, die im Kapitalismus zählt, sondern in den Unternehmen und ihrer Personalpolitik oft "reine Willkür" herrscht, hat die Rezensentin sichtlich mitgenommen. Beeindruckt berichtet sie davon, wie die vorgeblich arbeitslose Ehrenreich über 250 Seiten versucht, sich neu zu erfinden, um für den Arbeitsmarkt attraktiv zu werden. Vergeblich. Die ganze Absurdität des Systems wird der Rezensentin an der Stelle deutlich, in der der Erfolgsautorin Ehrenreich in einem Persönlichkeitstest das Talent zum Schreiben abgesprochen wird.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.03.2006

Barbara Ehrenreichs Unternehmung, sich in "Wallraff'scher Manier" unter die arbeitslose Mittelschicht zu mischen, nötigt Stefan Reinecke durchaus Respekt ab. Nicht ohne "Ironie" beschreibe Ehrenreich die Suche nach einem neuen Job und die Bewusstseinsveränderungen, die die Seminare mit Persönlichkeitscoachs und Motivationstrainern hervorrufen. Ehrenreichs Erklärungen, warum gerade der Mittelstand dafür anfällig ist, die Ursache für die Arbeitslosigkeit im eigenen Denken zu suchen, findet Reinecke auch "interessant- aber nicht erschöpfend". Was ihm fehlt, ist eine Analyse, warum es nun auch mit der Mittelschicht so bergab geht. Das "würde das Bild nicht hübscher machen, aber schärfer". Und dass Ehrenreich ihren Selbstversuch einfach "willkürlich" abbricht, ohne Erfolg gehabt zu haben, lässt den Rezensenten daran zweifeln, ob "diese virtuelle Bewerbungskarriere auch repräsentativ ist".