Benjamin Stein

Replay

Roman
Cover: Replay
C.H. Beck Verlag, München 2012
ISBN 9783406630057
Gebunden, 176 Seiten, 17,95 EUR

Klappentext

Als Ed Rosen in der Morgendämmerung erwacht und mit den Zehen wackelt, steht eines fest: der Huf, der am Fußende aus seinem Bett ragt, ist auf keinen Fall seiner. Aber da. Wie soll er sich das erklären? Rosen, ein Software-Experte, war Mitentwickler und erster Träger des UniCom, eines Kommunikationsmittels, das als Implantat weit mehr kann als ein Smartphone - es protokolliert die Sinneswahrnehmungen seines Besitzers und macht das, was wir Realität nennen, in "Replays" unendlich wiederhol- und veränderbar: vor allem eine erotische Verlockung. Und es macht den Träger total kontrollierbar. Rosens Chef Matana und seine Firma treten einen weltweiten Siegeszug mit diesem Gerät an und nur ein paar ewiggestrige Störenfriede mahnen. Bis sich unerwartet Widerstand gegen das digitale Arkadien regt, der vielleicht auch den Huf erklärt?

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.02.2013

Ohne klare Bewertung, aber vielleicht auch nicht ganz ohne Faszination liest Catharina Koller Benjamin Steins neuen Roman, in dem der Autor eine plausible Zukunftsvision erfindet und in manchmal offenbar etwas unübersichtlichen Erzählschleifen ausspinnt. Der Protagonist wird mit einem Chip namens "UniCom" ausgestattet, so die Rezensentin, der sämtliche Erinnerungen des Protagonisten aufzeichnet und wiederholbar macht - bis das Leben aus der Rille springt wie ein Tonabnehmer auf einer alten Vinylplatte. Koller zitiert noch den letzten Satz des Romans: "Eigentlich bin ich längst tot".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.08.2012

Gute Idee, doch die Sprache ist noch nicht bereit. So in etwa lautet Lothar Müllers Urteil zu diesem Roman des 1970 geborenen Berliner Autor Benjamin Stein. Ein gewiefter Konstrukteur komplizierter Handlungsgerüste ist Stein in Müllers Augen, keine Frage. Doch die an sich hübsche Idee, den Leser in die schöne neue Welt der totalen Transparenz mittels Neuro-Implantaten zu führen, gegen die ausgerechnet Julian Assange dann ankämpft, muss laut Müller leider mit einer eher federgewichtigen Sprachkraft auskommen. Das überzeugt den Rezensenten nicht.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 05.05.2012

Zufrieden zeigt sich Maik Söhler mit diesem Science-Fiction-Roman von Benjamin Stein, trotz einiger Kritikpunkte. Wichtig und auch spannend findet er insbesondere das komplexe Thema, das in "Replay" behandelt wird, die Frage nach dem gläsernen Menschen und der Freiheit der Daten. Im Mittelpunkt sieht er den Erfinder von UniCom, einer Software, die man sich direkt implantieren lässt, um fortan direkt mit dem unendlichen Strom globaler Kommunikation verbunden zu sein. Ein Vorteil dieser Software besteht darin, dass man sie auf "Replay" stellen kann, um glückliche Momente immer wieder zu erleben. Dass der Autor für seinen Protagonisten ein Sexerlebnis mit zwei Frauen, wählt, dieses mythologisch auflädt, um dann "umständlich" das Verhältnis von Original und Reproduktion, Authentizität und Artefakt zu reflektieren, hat Söhler nicht so recht überzeugt.Positiv äußert er sich dagegen über die fiktionale Welt, die Stein geschaffen hat, und über seine souveräne Erzählweise. Sein Fazit: "lesenswert".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.03.2012

Fasziniert begibt sich Christian Metz in eine utopische Welt, in der den Menschen ein sogenanntes "Unicom" implantiert wurde, mit dem sie Daten in Form von Bildern, Texten oder Filmen vor dem inneren Auge sehen und mittels eines "Replays" immer wieder abrufen können. In dieser totalitären Welt begegnet der Rezensent nicht nur Wikileaks-Gründer Julian Assange, der hier gegen die totale Transparenz kämpft, sondern folgt insbesondere den Gedanken, Erinnerungen und Fantasien von Steins Protagonisten Ed Rosen, der als Prototyp der neuen Gesellschaft auftritt. Zwischen Traum und Realität - und damit ganz in der Tradition von Kafkas "Verwandlung" oder Joyce' "Ulysses" - erlebt der Kritiker Eds Werdegang in drei Episoden mit dem Abstand von zwanzig Jahren aus der Retrospektive und blickt in seelische Abgründe und Projektionen, in denen etwa der Nymphen- und Panbilder heraufbeschworen werden. Ein ebenso spannender wie "furioser" Roman, lobt der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.02.2012

"Unangenehm plausibel" findet Judith von Sternburg diesen Science-Fiction-Stoff über eine nahe Zukunft, in der Daten via Implantat direkt ins Gehirn der Menschen transportiert werden und damit zugleich ein "Erinnerungsarchiv" aufgebaut wird, den sich der in fantastischen Dingen ohnehin bewanderte Benjamin Stein da ausgedacht hat. Klug findet es die Rezensentin, dass Stein diese "logische Weiterentwicklung" von George Orwells "1984" vermittels einer "Anpirschtechnik" aus Perspektive des Implantaterfinders erzählt, bedauerlich findet sie es indessen, dass der zwar dünne, an Ideen aber reich gefüllte Band nicht alles angemessen behandle, was der Autor thematisch oft nur anreiße, sowie dass die Schilderung der künstlichen Welten der Erinnerungsarchive bald überhand nehme. Erfreut nimmt sie aber zur Kenntnis, wie Stein alte Topoi mit neuen Ideen vermähle und attestiert ihm abschließend anerkennend, Nachfolger des Prager Schriftstellers Leo Perutz und seiner düster-phantastischen Seelenerkundungen zu sein.