Bernhard Schlink

Das Wochenende

Roman
Cover: Das Wochenende
Diogenes Verlag, Zürich 2008
ISBN 9783257066333
Gebunden, 225 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

Nach 20-jähriger Haft hat ihn der Bundespräsident begnadigt. Zum ersten Wochenende in Freiheit lädt seine Schwester die alten Freunde ein. Für sie ist das Leben weitergegangen. Und für ihn? Was bleibt von der Zeit der Gewalt? Legenden? Bewältigung? Sprachlosigkeit?

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.03.2008

Ein wenig oberlehrerhaft und insgesamt nicht sehr erhellend fand Rezensent Jochen Jung diesen Roman über das mentale Erbe der RAF. Bereits Bernhard Schlinks Exposition findet er reichlich konstruiert: ein Dutzend Menschen treffen für ein Wochenende in einem Landhaus ein und jeder habe dabei "brav" einen RAF-Aspekt zu vertreten. Sogar ein echter Ex-Terrorist sei darunter. Doch weil sich das alles für den Rezensenten liest, als sei der Roman fürs Schulbuch geschrieben, und das auch noch "lähmend bieder", werden die einzelnen Positionen für Jung nicht wirklich "ding- und menschenfest" gemacht. Als Grundlage und Stoff für Schülerdiskussionen aber sei das Buch trotzdem geeignet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.03.2008

Ganz kann sich Richard Kämmerlings nicht zu einem Totalverriss dieses jüngsten Romans des Rechtsprofessors Bernhard Schlink durchringen. Nahe dran ist er aber schon. Er beklagt, dass hier mit den Mitteln der - wenn auch "gehobenen" - "Unterhaltungsliteratur" ein ernstes Thema verhandelt wird. In der arg abgedroschenen Form eines Familien-Kammerspiels arbeitet Schlink, so der Rezensent, jüngst vergangene Terrorismusdiskussionen auf. Der noch immer linksradikale Ex-Terrorist Jörg kehrt, anders als Christian Klar vom Präsidenten begnadigt, aus dem Gefängnis in die Gesellschaft zurück. Die aber ist zu einer Familienfeier versammelt. Es hagelt Vorwürfe von mehreren Seiten, es wird über Schuld, die über die Generationen vererbt wird, diskutiert. In diesen Diskussionen und in den in ihnen entwickelten Thesen liegt für Kämmerlings offenkundig die spannende Seite des Romans - nur dass Schlink das alles in seinem Essay "Vergeben und Versöhnen" schon schlüssiger entwickelt hat. Und wenn er dann auf das versöhnungsfreudige Ende sieht, dann vergeht dem Rezensenten die Lust noch am leisesten Lob. Das nämlich habe nicht mehr zu bieten als "den Kitsch eines ökumenischen Bußgottesdienstes".
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.02.2008

Streng geht Burkhard Müller mit Bernhard Schlinks jüngstem Buch ins Gericht. Der Autor lässt darin einen begnadigten RAF-Terroristen mit alten Weggenossen ein Wochenende in Brandenburg verbringen, wo sie sich über die alten Zeiten unterhalten, fasst der Rezensent zusammen. Hier wird die Vergangenheit im Geist des "Klassentreffens" zu bewältigen gesucht, und wenn die Freunde von damals nostalgisch über Aktionen von einst plaudern, atmet das für den abgestoßenen Müller die Atmosphäre von Pennälerscherzen. Die Figuren bleiben genauso leblos wie ihre Erklärungsversuche, was ihre radikale Vergangenheit angeht, und der Rezensent wirkt regelrecht angewidert vom "Besinnungsaufsatz"-Ton, der sich nicht selten in dem Buch Bahn bricht. Entlarvend findet Müller, wie Schlink die Täter von einst für ihre Verbrechen büßen lässt, so wird der begnadigte Terrorist von Prostatakrebs heimgesucht. Als im hohen Maße unaufrichtig und unangenehm gut gemeint empfindet der Rezensent diese Auseinandersetzung mit den mordenden RAF-Aktivisten und ihren Sympathisanten und deshalb wünscht er diesem Buch boshaft auf den Hals, dass es zur Schullektüre werde und man ihm - zur Strafe - die "gelangweilte Verachtung" angedeihen lässt, die es seiner Ansicht nach verdient.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 23.02.2008

Inhaltlich stark, literarisch mitunter jedoch schwächelnd findet Rezensent Harry Nutt Bernhard Schlinks neuen, um die RAF-Aufarbeitung herum gestrickten Roman. Darin treffen seiner Inhaltsskizze zufolge an einem Wochenende in einem Haus auf dem Land ein nach zwanzig Jahren Haft begnadigter RAF-Terrorist, seine Schwester sowie einige Freunde und Weggefährten aufeinander. Ein Cocktail von alten Lebenslügen und neuer Selbstgerechtigkeit führt Nutt zufolge zum "Psychogau", den Schlink als psychologisches Kammerspiel inszeniere. Doch so bedeutend der Rezensent den Versuch findet, die RAF-Debatte jenseits schriller Medienspektakel durchzuspielen und dabei auch ein "Fenster zum Hof verborgener Gefühle" zu öffnen, so enttäuscht ist er von der literarischen Umsetzung des Unternehmens, die er eher konventionell und an Schlüsselstellen auch erzählerisch ungeschickt findet.