Bob Dylan

Die Philosophie des modernen Songs

Cover: Die Philosophie des modernen Songs
C.H. Beck Verlag, München 2022
ISBN 9783406792847
Gebunden, 352 Seiten, 35,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Conny Lösch. "Blowin' in the wind", "All along the watchtower", "Knockin' on heaven's door" - seine Songs besitzen eine poetische Kraft, für die er 2016 mit dem Nobelpreis für Literatur geehrt wurde. Nun legt Bob Dylan ein Buch vor, in dem er nicht auf sein eigenes Werk zurückblickt, sondern auf mehr als 60 Songs, die ihn beeindruckt und geprägt haben. Es bietet Einsichten in das Wesen der populären Musik, die uns von Little Richard zu Frank Sinatra, von Elvis Presley zu The Clash, von Nina Simone zu Elvis Costello führen. Naheliegende Reime können leicht zu einer Falle werden, eine Silbe zu viel kann einen guten Song um seine Wirkung bringen, und Bluegrass hat mehr mit Heavy Metal gemeinsam, als es auf den ersten Blick scheint. Bob Dylan legt hier die Philosophie des modernen Songs dar und nimmt dafür Werke wie "Long Tall Sally", "Strangers in the night" oder "London calling" unter die Lupe. Er legt die Substanz jedes Songs frei und meditiert dabei über das menschliche Leben und den fragwürdigen Zustand unserer Welt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.11.2022

In seiner mit Dylan-Zitaten gespickten Rezension freut sich Rezensent Martin Krauss darüber, dass der Nobelpreisträger von 2016 neben dem musikalischen jetzt auch sein schriftstellerisches Werk erweitert. Etwas skurrile Selbstironie mische sich dabei mit klugen Gedanken zu den Interpreten und, für den Rezensenten leider ein wenig vernachlässigten, Interpretinnen wie auch zu verschiedenen Sprachen der Popmusik. Dylan legt hier allerdings nicht wirklich eine "Philosophie" vor, resümiert Krauss, er empfiehlt den Band als Kompendium über die Geschichte der Americana-Genres. Eine gelungene Ergänzung des Dylan'schen Werkkosmos von Song über Film bis hin zum Museum, so der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.11.2022

Der hier rezensierende Philosoph Jürgen Goldstein ist froh, mit Bob Dylans Buch keiner sich an Songs entlang hangelnden Biografie und auch keiner Songwriting-Masterclass in Schriftform zu begegnen. Stattdessen schreibt der Nobelpreisträger in lockerem, trotzdem tiefsinnigem "Plauderton" über die Kraft von Songs, die sich eben nicht in den Lyrics erschöpft, über den Songwriting-Prozess und das Performen, vor allem aber über das Musikhören, lobt der Kritiker. Die Auswahl an Songs und Künstler*innen, an denen Dylan sich dabei orientiert, findet Goldstein breit gefächert (von Elvis über Willie Nelson bis The Fugs), aber auch recht "eigenwillig" und an "Ausgewogenheit" nicht interessiert - weibliche Künstlerinnen kommen etwa kaum vor, stellt er fest. Auch der Titel scheint ihm da nicht ganz erfüllt zu werden. Dennoch schätzt er Dylans "bescheidenes" Auftreten, das erst einmal nur aufmerksam machen wolle auf Hörenswertes und dabei auch für die Vergessenen einstehe - so wird Goldstein durch die Lektüre etwa auf John Trudell aufmerksam gemacht, der für Dylan einen der berührendsten und schmerzvollsten Songs überhaupt geschrieben hat.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.11.2022

Als "unbändigen Spaß" bezeichnet Rezensent Harry Nutt Bob Dylans "Philosophie des modernen Songs", das er als gelungene Melange von Anekdoten und popkulturellem wie enzyklopädischem Wissen liest. Auch literarisch bietet dieses Buch für den Rezensenten einigen Wert, was er auch der Übersetzung von Conny Lösch zuschreibt: Die insgesamt 66 Texte zu verschiedenen Songs, die den mittlerweile 81-jährigen Nobelpreisträger schon lange begleitet haben, treffen verschiedene Stile und Formen, wie auch schon seine Songs, meint Nutt. Von Marty Robbins über The Grateful Dead bis hin zu The Clash sei musikalisch alles dabei, sprachlich fehle auch nicht der lockere Witz, der den Rezensenten an manchen Stellen fast zu überraschen scheint. Einzig etwas mehr weibliche Repräsentation hätte der Kritiker sich gewünscht.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 03.11.2022

81 Jahre ist er nun, der einzige Musiker, der je den Literaturnobelpreis gewonnen hat, jetzt gibt Bob Dylan Einblicke in Schreib- und Verständnisprozesse der für ihn bedeutsamen Songs. Michael Pilz liest diese 66 detaillierten Essays auch als Antwort auf die Schwedische Akademie: Als Emanzipation von diesem Preis und gleichzeitig als Bestätigung, dass auch Songs Literatur sein können. Auch an die Autobiografie "Chronicles" fühlt sich der Rezensent erinnert. Nun gebe uns der Altmeister angenehm unwissenschaftliche Interpretationen und Verständnishilfen für Songs an die Hand, die von Elvis Presley, Perry Como oder Little Richard interpretiert werden und hält fest: Songs müssen gesungen werden, um ihre volle Wirkung entfalten zu können. Pilz hätte sich gewünscht, dass Dylan über den auch für ihn wichtigen Cohen-Song und ein wenig mehr über das eigene Werk schreibt. Aber auch so findet er: "Lieder machen Freude."

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.11.2022

Jens Balzer ist begeistert davon, wie Bob Dylan über die für ihn wichtigsten Songs des 20. Jahrhunderts philosophiert, ohne sich dabei das allzu große Ziel zu setzen, eine systematische Einordnung vornehmen zu wollen. Den Rezensenten reizt dabei in den Kapiteln von The Who über Nina Simone bis zu Jimmy Webb, wie der Autor die Hörer*innen mit Du anspricht und sich damit in die Empfindungen einfühlt, die einen beim Hören dieser Songs berühren mögen, wozu die gelungene Übersetzung von Conny Lösch beitrage. Gleichermaßen würden die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichten gewürdigt, was eine angenehme Ergänzung bilde. Eine zentrale Erkenntnis bei Dylan ist für Balzer, welchen Gemeinschafts- und Zugehörigkeitssinn ein Song stiften mag, das werde interessant erläutert, wenn es um die historischen Bedingungen und Verknüpfungen von Musik als Erkenntnis- und Gedächtnismedium geht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.11.2022

Schön, dass Bob Dylan nach dem Nobelpreis nun auch noch einen Professorentitel bekommt, denkt sich Rezensent Willi Winkler, der Dylans heute weltweit erscheinende "Habilitationsschrift" allerdings mit zunehmender Verzweiflung liest. Systematische Gedanken oder ein philosophisches Denkgebäude kann er nicht entdecken, auch modern findet Winkler die ausgewählten Lieder nicht unbedingt: Elvis, Johnny Cash, Frank Sinatra und Bing Crosby, aber nichts von Kris Kristoffersen, Woody Guthrie oder Chuck Berry, stellt Winkler fest. In die Auswahl von 66 Beispielen schaffen es gerade mal vier Frauen. Dabei stößt der Rezesent bei Dylans freien Assoziationen durchaus auf "unerhörte riffs", auf Dunkles und Phantastisches, aber immer wieder auch auf Altmännergekeife, Grenzwertiges und Jenseitiges. "Der Engel mit dem Flammenschwert" weist hier den Weg zurück, schließt der Rezensent enttäuscht bis entgeistert.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 02.11.2022

Rezensent Fabian Wolff hätte auch mit einer schmaleren Version dieser Essaysammlung von Bob Dylan vorliebgenommen. Nicht alles hätte er unbedingt wissen wollen. Dennoch lässt sich der Kritiker gern mitnehmen auf eine Reise durch Dylans musikalische Biografie, lauscht den 66 Songs, die Dylan zusammengestellt hat und folgt dessen Gedanken über Amerika, Geld, Gewalt, Obsession - und Musik. Nicht sicher ist sich Wolff, was er davon halten soll, wenn Dylan Songs, in denen die Frau als Teufel auftritt, "derb" weiterdichtet: Ist das Kritik an der Misogynie der Popmusik oder schreibt dort ein "verbitterter, alter Mann", fragt sich der Rezensent. Wenn Dylan aber Musik, amerikanische Außenpolitik oder modernistische Literatur problemlos zusammendenkt, erkennt Wolff den talentierten "Puzzler".