Bora Cosic

Lange Schatten in Berlin

Cover: Lange Schatten in Berlin
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main 2014
ISBN 9783895615863
Gebunden, 160 Seiten, 16,95 EUR

Klappentext

Aus dem Serbischen von Brigitte Döbert. Mit zahlreichen Fotografien von Lidija Klasić und einem Nachwort von Herbert Wiesner. Auch Berlin ist ein Zustand.« Unter diesem Motto schreibt Bora Ćosić seine Erinnerungen an EINE KURZE KINDHEIT IN AGRAM fort, die in seiner Exilheimat Berlin LANGE SCHATTEN wirft. In einer Reihe kurzer, an Walter Benjamin geschulter Reflexionen umkreist Ćosić Alltagsphänomene der Großstadt und ihrer Architektur als vieldeutige Zeichen der europäischen bürgerlichen Kultur und des Schreibens. Dabei spürt er in Details wie dem Grundriss seiner eigenen Altbauwohnung, einer Gebäudefassade, einer Tür oder eines Aufzugs Metaphern für die moderne Psyche und Gesellschaft auf. So setzt er Berlin als Inbegriff des 20. Jahrhunderts in einer Art philosophischer Ausgrabung neu zusammen. Skeptisch gegenüber totalitären Geltungsansprüchen, betont er das Subjektive und Tentative seiner eigenen Betrachtungsweise, die die Dinge nur in Gestalt ihrer langen Schatten erfassen kann.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.12.2014

Lothar Müller scheint bezaubert von diesem schmalen, aber, wie er schreibt, reichhaltigen Buch von Bora Ćosić. Bezaubert von den Dingen und Orten, die der Autor mit Leben erfüllt bzw. deren Leben er sichtbar macht. Weniger um das Kind aus Belgrad geht es hier, erläutert Müller im Rückblick auf frühere Texte des Autors, als um den älteren Herrn aus Charlottenburg (einer wie der andere der Autor übrigens). Vor allem aber geht es um ein Personal aus Ecken und Arabesken, Korridoren und Zimmern und Details des Interieurs, die der Autor laut Müller zum Sprechen bringt. Als Geschichte bürgerlicher Lebensformen im zwanzigsten Jahrhundert lässt sich das lesen oder, noch besser, meint Müller, als Physiognomik der Dinge und Orte. Und die funktioniert am besten, so der Rezensent, wenn sie ganz nah an ihrer Gestalt bleibt, an den Gesten in einer Türklinke oder dem Leben im Briefkasten.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.11.2014

Dem serbischen Schriftsteller Bora Ćosić ist seine Trauer ob des "Verschwindens der bürgerlichen Lebenswelt" deutlich anzumerken, findet Simon Strauss, allerdings nicht in verklärtem Gedenken an die "verbeamtete Wohlstandswonne", sondern aus einer Faszination für das Geheimnis heraus, das mit der feingliedrigen Funktionalität der Räume einhergeht, die er in seinem Buch "Lange Schatten in Berlin" flanierend erkundet, erklärt der Rezensent. Es ist eine "illustre Typologie der Nebenschauplätze" entstanden, der Dielen, Treppenhäuser, Fahrstuhlkabinen, der oft übersehenen Durchgangsbereiche der Alltagswelt, denen Ćosić ihre subtilen Mysterien abzugewinnen weiß, so Strauss, der selbst ganz erstaunt ist, dass er von diesem zarten Abschiedsschmerz gerne mehr lesen möchte.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.10.2014

Ilma Rakusa ist ganz bezaubert von Bora Cosic und seiner Kunst, Unauffälliges und Unbeachtetes via Freud und eine enorme sprachliche Finesse, wie Rakusa meint, über philosophisches Sinnieren und ein Durch-die-Jahrhunderte-Gehen und durch Städte (Belgrad und Berlin vor allem) zu etwas Bleibendem zu machen. Die 53 im Band enthaltenen Prosaminiaturen fügen sich insofern in das Gesamtwerk dieses Autors, erklärt die Rezensentin. Witzig, verträumt und nachdenklich, wie sie laut Rakusa sind. Sich festsehend an Gaszählern, Briefkästen und U-Bahnstationen, eröffnen sie der Rezensentin ein ganzes Zeitalter, das vergangene, bürgerliche.
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