Cecile Wajsbrot

Der Verrat

Roman
Cover: Der Verrat
Liebeskind Verlagsbuchhandlung, München 2006
ISBN 9783935890342
Gebunden, 252 Seiten, 19,80 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller. Bevor Louis Merian in den Ruhestand ging, war er über dreißig Jahre lang einer der bekanntesten Radiosprecher des Landes. Schon als Kind hörte die Rundfunkredakteurin Ariane Desprats jeden Tag seine Sendung. Eine Sendereihe über die Geschichte des französischen Rundfunks führt die beiden zusammen: Ariane Desprats lädt Louis Merian ein, an ihrer Sendung teilzunehmen und von seiner Zeit beim Radio zu berichten. "Und was haben Sie während des Krieges gemacht?" Ariane Desprats, deren Familie während der Besetzung von Paris deportiert wurde, stellt diese Frage eigentlich nur beiläufig. Doch in Louis Merian tut sich ein Riß auf, der ihm bald keine Ruhe mehr läßt. Zu überwältigend ist die Erinnerung an eine junge Frau, die er liebte, aber nicht retten konnte: Sarah.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 31.08.2006

Es ist besonders die kluge Lakonie der Sprache, die Makellosigkeit von Cecile Wajsbrots Prosa und ihr Sinn für dichte Atmosphären, die Rezensentin Tanya Lieske an diesem Roman über einen französischen Mitläufer der Nazis sehr beeindrucken. Aber auch inhaltlich kann sie diese Geschichte eines Mannes, der im Alter von seiner Weigerung, eine junge Jüdin zu schützen, eingeholt wird, überzeugen. Denn Wajsbrots Methode, das Erinnern und Vergessen selbst ins Zentrum des Romans zu stellen und die Geschichte lediglich "unterhalb dieser Reizschwelle" zu erzählen, findet sie klug und schlüssig. Die ersten hundert Seiten kämpfe der Protagonist Louis Merian gegen seine Erinnerung, weitere hundert Seiten lasse er sie zu. Lediglich die Dialoge des Buchs wirken angesichts der übrigen Perfektion auf Lieske "etwas tapsig".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.05.2006

Thomas Laux ist von Cecile Wajsbrots Roman, in dem ein Rundfunkredakteur spät von Schuldgefühlen für seine Haltung in der Zeit der deutschen Besetzung von Frankreich heimgesucht wird, die schließlich in seinem Selbstmord münden, ziemlich beeindruckt. Trotz des "melodramatischen" Endes lobt er an diesem Buch gerade die große "Zurückhaltung" und die feinen Beobachtungen des "psychologischen Dilemmas" der Hauptfigur, die es unterlässt, Versuche zur Rettung seiner jüdischen Geliebten zu unternehmen, und das lange erfolgreich verdrängt hat. Dabei vermeide die Autorin jeglichen "moralischen Impetus", sondern zeichne stattdessen die "schizophrene" Figur eines "Opportunisten a contre coeur", so der Rezensent fasziniert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.03.2006

Cecile Wajsbrot zeigt in ihrem Roman "Der Verrat" ein Frankreich, das in der Krise ist, weil es sich seiner Vergangenheit "nicht stellt", meint Sandra Kerschbaumer. Es geht um die verdrängte Geschichte des Zweiten Weltkriegs, um Judendeportationen und die Kollaboration mit den Deutschen, die anhand zweier Figuren beleuchtet wird. Im Mittelpunkt stehen eine junge, jüdische Radiomoderatorin, die von ihrer Familiengeschichte traumatisiert ist, und ein ehemaliger Radiosprecher, der durch ein Interview mit ihr an seine schuldbeladene Vergangenheit erinnert wird, fasst die Rezensentin zusammen. Im Medium des Radios lässt die französische Autorin einen "Spiegel der Welt" aufscheinen, der nicht nur Radiogeschichte rekapituliert, sondern auch den politischen Hintergrund zeichnet, erklärt Kerschbaumer. Wajsbrot, selbst ehemalige Rundfunkredakteurin, "weiß wovon sie spricht", lobt die Rezensentin und ihr gefällt auch die "schwingende, rhythmische Prosa" der Autorin. Was sie dagegen als störend empfindet, ist die übergroße "Deutlichkeit", mit der die Autorin ihre Metaphern und Aussagen an die Leser zu bringen versucht.
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