Christian Demand

Die Beschämung der Philister

Wie die Kunst sich der Kritik entledigte
Cover: Die Beschämung der Philister
zu Klampen Verlag, Springe 2003
ISBN 9783934920323
Kartoniert, 333 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Texte zeitgenössischer Kunstkritik lesen sich oft wie groteske Produkte entfesselter Prosa. Hemmungslos werden wahre Schwälle rhetorischen Unfugs über das interessierte Publikum ausgegossen. Je professioneller der Rahmen, in dem eine Publikation zur Kunst erscheint, je näher sie den Institutionen der Kunstwelt steht, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass man darin auf enthusiastische Erlebnisaufsätze stößt. Christian Demand verfolgt die Entwicklung des Kunstkritikers vom urteilenden, die Perspektive des Publikums einnehmenden Betrachter zum öffentlichkeitsfernen Sprachrohr des Künstlers. Spätestens mit den Avantgarde-Bewegungen des frühen 20. Jahrhunderts hat sich die Position des Kritikers soweit gewandelt, dass er sich von der ursprünglichen Rolle des Betrachters in die einer Speerspitze "progressiver", avancierter Kunstrichtungen versetzt fühlt. Welche Auswirkungen dies auf die öffentliche Wahrnehmung von Kunst mit sich bringt, wie es die Öffentlichkeit von ihr entfremdet, wird in "Die Beschämung der Philister" auf thesenreiche, bizarre Wendungen nicht aussparende Weise dargelegt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.01.2004

Mit einer Ausnahme beschäftigt sich Martin Seel in seiner Besprechung: einem Hegelianer unter den Kunstkritikern. Christian Demand, so berichtet der Rezensent, wirft in seinem "großformatigen Schlachtengemälde", das "aufschlussreiche Fallstudien zu künstlerischen Kontroversen von 1800 bis heute" biete, den nachhegelschen Theoretikern der Kunst vor, hinter dessen berüchtigtem Befund vom Ende der Kunst zurückgeblieben zu sein. Georg Wilhelm Friedrich Hegel habe sich vom Funktionswandel der Kunst eine befreiende Wirkung versprochen, so Seel: Die Befreiung von ihrer Aufgabe, das Absolute darzustellen, sollte eine Hinwendung zur "lebendigen Gegenwärtigkeit", so ein Hegelzitat, der menschlichen Erfahrung bewirken. Demand hingegen beobachte das genaue Gegenteil: eine "illegitime Sakralisierung des künstlerischen Geschehens", die einen ideologischen Graben zwischen der esoterischen Mission der Kunst und "den vielen Schwererziehbaren draußen im Lande" ziehe, fasst Seel den Grundgedanken des Buches zusammen. Dabei scheitere der Autor, dessen Untersuchungen mit vielen "schaurig-schönen Kritikerzitaten und 816 Fußnoten verziert" sei, weil er sich ausschließlich an den Diskursen von Theorie und Kritik orientiere und sich als Kunstkritiker nicht mit der Kunst selbst beschäftige.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.12.2003

Mit viel Sympathie berichtet Wolfgang Kemp zunächst, dass Christian Demand am Ende dieses Buches ein "Medley" aus "handelsüblichen Klischees" eines Schreibens zusammengestellt hat, das dem Autor zufolge zwischen "lyrischem Ansingen und bizarrer Parawissenschaft" oszilliert. Es geht, wie man erfährt, um Kunstkritik, aber dieses Buch sei, wie Wolfgang Kemp versichert, keine Polemik, sondern ein "auf hohem theorie- und kunstgeschichtlichen Niveau durchargumentierter Traktat" und eine Habilitationsschrift zudem. Im Zentrum von Demands Kritik steht dabei, wie der Rezensent weiter berichtet, der Vorwurf an die Kunstkritik, ihre Funktion und das Publikum zu verraten, indem sie sich mit der zeitgenössischen Kunst "identifiziert", und dass sie die Absage an einen normativen Kunstbegriff zur Neutralisierung von Kritik überhaupt missbraucht. Demand erweist dies als durchgängiges Problem, erfährt man, anhand des Feuilletons also etwa ebenso wie anhand von wissenschaftlichen Publikationen und Verlagswerbungen. Und wo Demand "recht hat, hat er recht", findet Kemp, aber - "er hat nicht darüber hinaus recht". Denn dieses Buch, wendet der Rezensent ein, komme nicht allein, sondern sei "Teil einer Öffnungstendenz". In der Kunstkritik sei auch wieder anderes möglich.
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