Christian Meier

Das Verschwinden der Gegenwart

Über Geschichte und Politik
Cover: Das Verschwinden der Gegenwart
Carl Hanser Verlag, München 2001
ISBN 9783446199965
Taschenbuch, 259 Seiten, 20,35 EUR

Klappentext

Christian Meier hat sich nie mit der Existenz im universitären Elfenbeinturm zufriedengegeben. So handeln die in diesem Band gesammelten Essays von den Schwierigkeiten von der Erinnerung an Auschwitz und das NS-Regime, kommentieren den Prozess der deutschen und europäischen Vereinigung, reflektieren auf die Notwendigkeit der Prognose und versuchen die Chancen historischen Denkens in einer Zeit auszuloten, die Gefahr läuft, schon die eigene Gegenwart nicht mehr wahrzunehmen. Ein Plädoyer für die Einmischung des Historikers in öffentliche Debatten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.09.2001

Hat die Historie Konjunktur? Tim B. Müller sieht in den vorliegenden Texten zwar eher "Zeugnisse einer Angst vor dem eigenen Untergang", wenn der Autor so "seine erfrischendsten Gegenwartsdiagnosen aus der Antike ableitet" aber, gerät er in Melancholie darüber, dass Altertumswissenschaftler über Fachinteressen hinaus kaum noch zu vernehmen sind." Oder er freut sich über eine glänzende wie ätzende Polemik zum Thema Holocaust-Denkmal. Dass das eigentliche Thema des Buches ein anderes ist, dass es bei allem immer um den Bürger und Meiers Wunschvorstellungen von einer handelnden Bürgerschaft wie im alten Athen geht, stört Müller dabei nicht. Im Gegenteil. Gerade hier, schreibt er, schlägt die Stunde der Historiker: "Indem sie der Geschichte der Erwartungshorizonte in der Vergangenheit nachspüren, öffnen sie auch den heutigen Horizont" - zur Vorbereitung auf die Zukunft.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.09.2001

Urs Hafner bespricht in einer Doppelrezension zwei Neuerscheinungen mit publizistischen Äußerungen zweier bekannter deutscher Historiker. Es handelt sich dabei um den Band " Das Verschwinden der Gegenwart" des Althitoriskers Christian Meier und um die "Interventionen" des Sozialgeschichtlers Jürgen Kocka. Beide zählt Hafner zur seltenen Spezies deutscher Akademiker, die sich zur öffentlichen Debatte herablassen.
Christian Meier: "Das Verschwinden der Gegenwart"
Meier äußert sich nach Hafner genau wie Kocka zu vielen drängenden Debatten der letzten Jahre - das heißt zur Vergangenheitsbewältigung genauso wie zum deutschen Nationalstaat oder zum Wandel der Erwerbsarbeit. Hafner schildert Meier dabei als einen bürgerlichen Melancholiker, der das "Verschwinden" der Gegenwart - und damit auch aller sinnvollen Geschichtserzählung - beklage. Seltsam mutet Hafners Referat von Meiers Position zum Holocaust an - statt zur "jüdischen" Kultur der Erinnerung, so scheint es da, plädiert Meier hier eine "griechisch-christliche Überlieferung des Nicht-Erinnerns", die eine Versöhnung ermöglichen soll.
Jürgen Kocka: "Interventionen"
Kocka vertritt nach Hafner in vielem konträre Positionen zu Meier: Wo Meier etwa das Verschwinden des Nationalen beklage, plädierre Kocka für die "postnationalstaatlichen Ordnungsvorstellungen" der bundesrepublik vor dem Mauerfall. Und was den Holocaust angehe, wünsche sich Kocka ein "methodisch kontrolliertes Erinnern". Wie genau das aussehen soll, verschweigt Hafner, der Meier zwar nicht unbedingt mehr Sympathie, aber gewiss mehr Interesse entgegenbringt.