Claire-Louise Bennett

Kasse 19

Roman
Cover: Kasse 19
Luchterhand Literaturverlag, München 2023
ISBN 9783630877112
Gebunden, 304 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Eva Bonné. Die britische Schriftstellerin Claire-Louise Bennett erzählt die Geschichte einer jungen Frau - vom Entdecken des eigenen Körpers, vom Beharren auf Unabhängigkeit und von der grenzenlosen Liebe zur Literatur. In einer Arbeiterstadt einer Grafschaft westlich von London kritzelt ein junges Mädchen Geschichten auf die letzten Seiten ihres Schulheftes, berauscht von den ersten Funken ihrer Fantasie. Als sie heranwächst, werden alles und jeder, dem sie begegnet, zum Brennstoff für ihr Talent: der russische Mann mit dem alten kastanienbraunen Auto, der in dem Supermarkt, in dem sie an Kasse 19 sitzt, einkauft und ihr ein Exemplar von Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" zusteckt. Der immer größer werdende Stapel an Büchern, in denen sie sich verliert - und wiederfindet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.11.2023

Rezensentin Helena Schäfer hätte sich etwas mehr Identifikationspotenzial gewünscht in Claire-Louise Bennetts autobiografischer Coming-of-Age-Story. Die Geschichte einer Büchernärrin erzählt die Autorin laut Schäfer sprunghaft, oberflächlich, repetetiv und ohne sinnstiftende Figuren oder Konstellationen. Auch wenn Schäfer darin schließlich die Selbstbezogenheit der Erzählerin und die Abgetrenntheit von ihrer Umwelt gespiegelt sieht, macht ihr das die Lektüre nicht eben leicht.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.09.2023

Ein Buch, das über sämtliche Genregrenzen einfach hinwegfliegt, hat Rezensentin Sylvia Staude da vor sich: Claire-Louise Bennetts erst zweite Veröffentlichung ist vor allem ein "Buch über Bücher", eines, das die erzählerische Kohärenz gar nicht braucht, wenn die Erzählerin, Studentin und Kassiererin, über ihre Abneigung zu Henry Miller und ihre Liebe zu Ingeborg Bachmann schreibt. Eine lebendige, dringliche Sprache findet Staude vor, die ihr die Abgründigkeiten - Vergewaltigung, Suizid - im Leben der Protagonistin ganz unvermittelt und damit umso beeindruckender vorstellt. Ein beeindruckender Text, den die Kritikerin gerne noch einmal zur Hand nimmt, da sie sich sicher ist, dass er ihr in seiner Lebendigkeit auch bei der zweiten Lektüre Neues zeigt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.04.2023

Rezensent Felix Stephan stellt gleich zu Beginn seiner Rezension klar: Claire-Louise Bennetts "Kasse 19" ist ein "Meisterwerk der autobiografischen Literatur". Dass man diesen Roman kaum thematisch festnageln kann, spricht nicht gegen, sondern für ihn, glaubt Stephan, denn Literatur beginnt, wie Mohames Mbougar Sarr einmal geschrieben habe, überhaupt erst jenseits der Grenzen des Sagbaren, dort wo man nicht mehr ausdrücken könne, "worum es geht". Da es aber nun mal zu den Aufgaben einer Literarkritik gehört, zu sagen "worum es geht", versucht der Rezensent es dennoch - Mit dem Begriff der Heimat etwa, im Sinne eines Vorstellungsraums, indem Vertrautheit und Verständnis herrschen. Claire-Louise Bennett geht es darum, so kann man sagen, von ihrer Heimat zu sprechen. Für die Erzählerin und die Erzählte ist dies die Literatur, in der alle Erfahrungen, die man auf der Welt machen kann, so viel vollkommener erscheinen als jeder physisch erlebte Abklatsch. Abgesehen natürlich von der einen unaussprechlichen Begebenheit, der einen wahrhaftigen, leiblichen Erfahrung: dem Tod, welcher sich, so Stephan, als Leitmotiv durch den gesamten Text zieht. Wenn man einen "Klassiker" als die Vollendung einer bestimmten literarischen Form definiert, dann ist "Kasse 19" ein Klassiker, so der begeisterte Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 21.04.2023

Rezensent Tobias Lehmkuhl liest mit "Kasse 19" vom Aufwachsen einer jungen Frau, vor allem aber von den Büchern, die sie liest - weshalb jedoch, das bleibt ihm schleierhaft. Vieles deutet darauf hin, dass es sich bei diesem Buch ohne Genrebezeichnung um ein autobiografisches Werk handelt, doch diese Vermutung wird nicht bestätigt. Auch fehlt jeglicher Bezug zur Person, zu der die junge Frau, über deren Männer- und Lektüreerfahrungen er so viel erfährt, geworden ist. Vergeblich fragt er sich, wie jene Autoren und vor allem Autorinnen, von denen erzählt wird, diese Frau geprägt haben. Was ist aus ihr geworden? Wenn es Bennett also offenbar nicht darum geht, eine Biografie zu erzählen, dann vielleicht darum, ein weibliches Aufwachsen im Patriarchat aus feministischer Perspektive zu beschreiben? Aber auch dafür fehlt es dem Buch an Lebendigkeit, seufzt er. Die seltene Kritik der Autorin am Sexismus ihres Umfeldes wirkt auf den Rezensenten "sehr holzschnittartig" - wie überhaupt das meiste in diesem Buch. "Viel Papier" und wenig dahinter, könnte man sagen.
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