Daniel Heller-Roazen

Der Feind aller

Der Pirat und das Recht
Cover: Der Feind aller
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010
ISBN 9783100314109
Gebunden, 347 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Horst Brühmann. Lange bevor es eine Charta der Menschenrechte und humanitäre Organisationen gab, definierten die Römer den Piraten als Feind aller, da ihm nicht mit dem üblichen Recht beizukommen war: Er ist kein Bürger eines Staates, er bewegt sich auf offener See, die niemandem gehört und wo keine Gesetze gelten, man kann nicht mit ihm verhandeln und er ist nicht mit einem Krieg zu besiegen. Bis heute stellt er eine immense Herausforderung an das Recht und die Politik dar. In seiner Studie zeichnet Daniel Heller-Roazen die Genealogie dieser Herausforderung von der Antike bis heute nach. Mit leichter Hand beschreibt er, wie und warum der Pirat aus allen territorialen, politischen, kriegerischen und rechtlichen Kategorien herausfällt und wie er zu der zentralen zeitgenössischen Figur hat werden können, als die wir ihn heute erleben.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.07.2010

Mit großer Faszination und intellektuellem Vergnügen hat Herfried Münkler dieses Buch gelesen, dass sich seinen Informationen zufolge mit der Frage befasst, inwieweit ein Feind eines Staates überhaupt strafrechtlich fassbar ist, ob es nicht Feindesformen gibt, die weder als (kriegerische) Feinde anerkannt noch als Verbrecher juristisch verfolgt werden konnen und damit außerhalb des binären "Feindsystems" stehen, in dem das Staatsrecht strukturiert ist. Als Exempel lege der vergleichende Literaturwissenschaftler aus Princeton die Figur des Piraten zu Grunde, und gehe ihr mit stupender Gelehrsamkeit über zwei Jahrtausende nach. Daniel Heller-Roazen beginne seine Überlegungen bei Ciceros Diktum, dass der Pirat "der Feind aller", also außerhalb des Rechtssystems stehe. Dann folge Heller-Roazen durch die Jahrhunderte den Versuchen, zu einer völkerrechtlich befriedigenden Definition zu gelangen und schließe auch Personal wie die in Nürnberg angeklagte Naziführung, Saddam Hussein oder Bin Laden in seine Überlegungen mit ein, die am Ende für Münkler eine intellektuelle Sprengladung bereithielten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.05.2010

Eingenommen zeigt sich Rezensent Robin Celikates von Daniel Heller-Roazens Arbeit über den Piraten als "Feind aller". Der Autor, Professor für Vergleichende Literaturwissenschaft in Princeton, legt in seinen Augen damit weniger eine Geschichte des Piraten vor als eine Geschichte seiner "diskursiven Repräsentation" vor allem im Bereich des Rechts. Besonders hebt er die These des Autors hervor, dass man zum Piraten gemacht werde. Heller-Roazen analysiere den Piraten als eine "rechtliche Konstruktion", die, so Celikates, "immer wieder als Vorwand für letztlich der dauerhaften Machtkonzentration dienende Sondervollmachten herhalten musste". Er lobt das Buch als höchst gelehrt und dennoch gut zu lesen. Allerdings hätte er sich hin und wieder mehr Aufmerksamkeit für die realhistorischen, wirtschaftlichen und geopolitischen Zusammenhänge gewünscht. Gleichwohl stellt das Buch für Celikates eine faszinierende Lektüre dar.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.05.2010

Rezensent Milos Vec reagiert verhalten auf Daniel Heller-Roazens Rechtsgeschichte zur Piraterie. Durchaus "lesbar" findet er zwar die chronologische Rekapitulation der Piratengeschichte in Antike, Mittelalter und Neuzeit. Allerdings erfahre man hier nichts "wirklich Neues", der in Princeton lehrende Literaturprofessor verarbeite die bekannten Forschungsergebnisse mitunter gar "etwas hölzern" in seinem essayistisch angelegten Sachbuch, moniert der Rezensent. Weit mehr gefesselt haben ihn Heller-Roazens theoretische Reflexionen über den Piraten als "Schlüsselfigur unseres Denkens" und die politischen Konsequenzen, die sich daraus ergeben, wenn er als "gemeinsamer Feind aller" aus der Rechtsgemeinschaft ausgeschlossen wird. Doch auch hier kann der Literaturprofessor den Rezensenten nicht recht überzeugen: Vec wirft dem Autor an dieser Stelle "politischen Alarmismus" vor, außerdem vermisst er konkrete Beispiele, wie in der Gegenwart "Figuren universeller Feindschaft" juristisch behandelt werden.
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