DBC Pierre

Jesus von Texas

Roman
Cover: Jesus von Texas
Aufbau Verlag, Berlin 2004
ISBN 9783351029968
Gebunden, 383 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Karsten Kredel. Vernon Little sitzt im städtischen Gefängnis von Martirio, der "Barbequesaucen-Hauptstadt von Texas". Er hat ein ernsthaftes Problem: Sein Kumpel Jesus hat soeben 16 Klassenkameraden ins Jenseits befördert und sich anschließend selbst erschossen. Auf Vernon als dessen einzigen Freund konzentrieren sich nun die gesamten Rachegelüste der Stadt und die Sensationsgier der Medien.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.09.2004

In dieser Satire, erzählt Rezensent Uwe Pralle, geht es um den fünfzehnjährigen Vernon Little, der in der fiktiven texanischen Kleinstadt Martirio lebt und ein Gewehr zu verstecken versucht. Denn seit sein bester Freund im Physikunterricht sechzehn andere Mitschüler in den Tod riss, vermuten die Polizisten in ihm einen Mittäter. Wie in einer Satire zu erwarten, so Pralle, wird auch hier mit Klischees gespielt und die Ungerechtigkeit als kategorischer Imperativ bemüht, wobei die Medien in den USA das Hauptziel der Attacken darstellt. Diese ziehen nämlich Profit aus den Ereignissen, wenn zum Beispiel etwa Zuschauer die Häftlinge in der Todeszelle wöchentlich zur Hinrichtung wählen können. "Ob sich mit einer Überdosis an Satire in die Abgründe von Dramen wie in Littleton tatsächlich Licht bringen lässt, mag zweifelhaft sein", meldet der Rezensent Zweifel am Roman, "aber filigrane Aufklärungsarbeit ist auch nicht die Aufgabe, die sich ein Satiriker stellt". Ganz großartig findet der Rezensent allerdings die Übersetzung von Karsten Kredel, die er dafür verantwortlich macht, dass Vernons "wortspielreiche, altkluge, unflätige und poetische Stimme" einen solchen Sog ausübt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 25.03.2004

Wenn Endemol und die Bild-Zeitung über die Wiedereinführung der Todesstrafe zu entscheiden hätten, malt uns Kolja Mensing aus, dann könnten wir darauf gefasst sein, genau die Art von "ultimativer Reality"-Show auf RTL zu sehen, die in DBC Pierres Roman die "schmierige" Reporterin Lally aus dem Staatsgefängnis live überträgt. Vernon, "der ständig fluchende Ich-Erzähler", wird zu Unrecht dafür verurteil, an dem Massaker beteiligt gewesen zu sein, das sein amokgelaufener Freund in der Highschool angerichtet hat. In dem zwar "irgendwie ziemlich respektlosen", doch in jeder Hinsicht unwiderstehlichen und zurecht von der Jury des britischen Booker-Preises ausgezeichneten Roman, so Mensing, lernt der Protagonist drei wichtige Lektionen über die Mediengesellschaft. Pate der bitteren Einsichten ist Immanuel Kant, dessen Formulierungen aus der "Kritik der reinen Vernunft" sich hinterhältig pointiert in den "anzüglichen 'rhyming slang' einfügen", schwärmt unser begeisterter Rezensent, der sich besonders freut, dass in Karsten Kredels Übersetzung mit den vielen Anglizismen auch "die schönen Wortspiele" erhalten geblieben sind.
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