Die Juden in den geheimen NS-Stimmungsberichten 1933-1945

mit CD-Rom
Cover: Die Juden in den geheimen NS-Stimmungsberichten 1933-1945
Droste Verlag, Düsseldorf 2004
ISBN 9783770016167
Gebunden, 894 Seiten, 74,90 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Otto D. Kulka, Eberhard Jäckel und anderen. Mit Fotos, Dokumenten und Faksimiles. Die Edition enthält die geheimen Berichte der NS-Überwachungsorgane über Aktivitäten und Organisationen der Juden in Deutschland sowie die Einstellung der nichtjüdischen Bevölkerung zu ihnen und zur Judenpolitik des Regimes. Die beigefügte CD-Rom enthält 3744 Dokumente; für die Drucklegung wurden davon 752 ausgewählt, die ein eindrückliches Bild dieses noch immer unfasslichen Kapitels der Geschichte vermitteln. Unter der monolithisch wirkenden Oberfläche des totalitären Regimes tritt ein differenzierteres Bild zu Tage, das jüdische Leben präsentiert sich trotz fortschreitender Ausgrenzung und Verfolgung in erstaunlicher Vielfalt. Die letzten Kapitel enthalten auch Berichte vom Ablauf der systematischen Deportationen der Juden, die einen überraschend hohen Grad an Informiertheit der Bevölkerung sowohl über das Schicksal der Deportierten als auch über den Mord an den europäischen Juden in den besetzten Gebieten Osteuropas offenbaren. Mit seinem ausführlichen Apparat kann das Werk über den Kreis der Fachhistoriker hinaus einem breiten Leserpublikum dienen und bietet für Studien zur Regional- und Lokalgeschichte reichhaltiges neues Material.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 18.11.2004

Der rezensierende Historiker Peter Longerich hält diesen Band mit Stimmungsberichten aus deutschen Behörden zur Reaktion der Bevölkerung auf den Holocaust für einen Beitrag zur Beantwortung der in der Forschung immer noch unbeantworteten Frage, was und wie viel die Deutschen von der Judenverfolgung gewusst und welche Haltung sie dazu eingenommen haben. Der Rezensent findet es gleichermaßen "beeindruckend wie beklemmend", wie die vorliegenden Dokumente die Judenverfolgung in Deutschland durch die "verschiedenen Organe von Partei und Staat" deutlich machen und damit eine "hervorragende" Ergänzung zu jüdischen Quellen bieten, wie er betont. Der Band versammelt circa ein Fünftel der zugänglichen Dokumente und ist durch einen "umfassenden, äußerst informativen und benutzerfreundlichen wissenschaftlichen Apparat" erschlossen, lobt Longerich. Allerdings weist er eindringlich darauf hin, dass bei der Auswertung der Quellen die "Entstehungsgeschichte" immer mitberücksichtigt werden muss; den ob in diesem Dokumenten, die ja stets die Perspektive des Regimes einnehmen, wirklich die "wahre Einstellung" der Bevölkerung zum Holocaust zum Ausdruck kommt, darf nach Einschätzung des Rezensenten eher bezweifelt werden. Er plädiert somit dafür, die "historische Bedeutung" der Stimmungsberichte als Bemühen der Behörden zu lesen, "Informationen und Einschätzungen auszutauschen" und "interne Machtkämpfe" unter dem Deckmäntelchen der "Volksstimmung" auszufechten.