Elias Canetti

Ich erwarte von Ihnen viel

Briefe
Cover: Ich erwarte von Ihnen viel
Carl Hanser Verlag, München 2018
ISBN 9783446260191
Gebunden, 864 Seiten, 42,00 EUR

Klappentext

Aus dem Nachlass herausgegeben von Sven Hanuschek und Kristian Wachinger. Ein junger Autor wendet sich mit seinem Erstlingsroman schüchtern an den Nobelpreisträger Thomas Mann - und wird freundlich abgewimmelt. Ein halbes Jahrhundert später reist der Autor selbst nach Stockholm, den Preis entgegenzunehmen. Elias Canetti bezeichnete sich selbst gelegentlich als schlechten Briefschreiber. Dem zum Trotz ergibt der Schatz seiner Briefzeugnisse einen einmaligen Lebensroman. Knapp 600 Briefe an Gefährten und Freunde, Kritiker und Leser ebenso wie an Kollegen wie Theodor W. Adorno, Thomas Bernhard, Erich Fried, Claudio Magris, Marcel Reich-Ranicki oder Hilde Spiel führen tief hinein in die Kulturwelt Nachkriegseuropas - und in ein einzigartiges Jahrhundertleben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.11.2018

Thomas Steinfeld kann das Anmaßende wie auch Verachtende des Autors nicht übersehen in diesen Briefen von Elias Canetti. Die totale Selbstbezogenheit und das Spiegeln im Gegenüber ist für Steinfeld in Canettis Korrespondenz bestens zu erkennen. 600 Briefe an Verleger, Lektoren, Förderer, aber auch an Adorno und Günter Kunert zeigen Steinfeld einen moralisch zweifelhaften Canetti und eine nur langsam in Gang kommende Karriere. Dass der Band viel über Verträge und Honorare, wenig Privates und beinahe nichts über das intellektuelle und literarische Leben seiner Zeit offenbart, scheint Steinfeld zu bedauern. Andererseits lassen diese allzu oft anmaßenden Briefe Canettis Werk durchaus in einem anderen Licht erscheinen, meint er.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.11.2018

Paul Jandl lernt Elias Canettis in den von Sven Hanuschek und Kristian Wachinger aus dem Nachlass herausgegebenen Briefen als Zeremonienmeister seines Ruhms kennen. 800 Seiten Gekränktheit, meint Jandl, sofern man gegen den Strich liest und Canettis Invektiven gegen andere so deutet. Das Gefühl, unterschätzt zu sein, dringt für den Rezensenten aus jeder Zeile. Große Philosophie oder Aphoristik darf der Leser nicht erwarten, so Jandl. Es herrsche Autorität und Bürgerlichkeit in den Briefen um Verlagsdinge und Ehrungen. Persönliches erfährt der Leser kaum.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 31.10.2018

Elias Canetti war ein "Oger", ein Monster. So hatte ihn seine Frau Veza genannt, die er liebte und die er terrorisierte und die ihn terrorisierte. Sehr lebendig, fast wie ein Porträt, liest sich, was Michael Maar aus den Briefwechseln Canettis herausliest. Canetti war sich seiner Unerträglichkeit bewusst, schaffte es, sie durch Einsicht, auch Liebe zu mildern, so Maar. Das geht für ihn gerade auch aus den Briefen an Kritiker und Hanser-Lektoren hervor, denen er seine Dankbarkeit über ihre Veza-Canetti-Ausgabe bekundete. Canetti war sich auch stets seines Rangs und spätestens seit "Masse und Macht" seiner Unsterblichkeit bewusst. Andere Autoren schätzte Canetti vor allem, wenn sie den "Vorteil, tot zu sein" hatten. Die Briefe liest Maar mit großem Interesse, auch wenn ihm der Band zu lang scheint. Die Kommentierung nennt Maar allerdings "allzu asketisch".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.10.2018

Rezensent Eberhard Geisler freut sich, dass mit diesem Band nun sechshundert weitere Briefe von Elias Canetti herausgegeben worden sind. Denn der Band hilft ihm nicht nur, Canettis Standort in der Literaturgeschichte näher zu bestimmen, sondern er liest neben den Korrespondenzen mit Verlegern, Akademien oder Journalisten auch, wie Canetti sein eigenes Werk einschätzte. Dass Canetti mit Adorno und Jean Amery in Kontakt stand, die Verbindung zu Frank Schirrmacher suchte, eine Mitarbeit von Marcel Reich-Ranicki aber ablehnte, liest der Rezensent hier ebenfalls. Nicht zuletzt erfährt Geisler, wie tief geprägt Canetti durch Büchner, Kafka oder Hermann Broch war. Eine klare Lektüreempfehlung des Kritikers.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 22.09.2018

Richard Kämmerlings lernt einen nicht eben sympathischen "monologisch veranlagten" Elias Canetti kennen in diesen von Sven Hanuschek herausgegebenen Briefen des Autors. Eine Handvoll Briefe aus den 30er Jahren und vor allem die nach nach 1960 entstandene Korrespondenz zeigt Kämmerlings die eher offizielle Seite Canettis, den Strippenzieher und Organisator der eigenen Karriere, aber auch den bösartigen Kollegen. Und noch etwas lernt Kämmerlings hier: dass Canettis Äußerungen, vor allem die Wehleidsbekundungen nicht selten fiktiv sind. Die Erschütterung des Rezensenten beim Lesen echter Trauerzeugnisse aus der Hand des Autors verringert das allerdings nicht. Der Leser komme Canetti hier in jedem Fall näher als über dessen Selbstcharakterisierungen, meint er.