Esther Kinsky

Sommerfrische

Roman
Cover: Sommerfrische
Matthes und Seitz, Berlin 2009
ISBN 9783882217223
Gebunden, 128 Seiten, 16,80 EUR

Klappentext

Üdülö, eine ungarische Feriensiedlung am Fluss, wird alljährlich zum Zufluchtsort vor der unerträglichen Hitze. Es ist der Ort der Sehnsucht, der Linderung verspricht und Träume von Liebe und Freiheit weckt. Für jeden hat Üdülö eine andere Bedeutung; als jedoch eine Frau aus der Fremde sich dort ihren Traum von einem anderen Leben erfüllen will, kommt Verwirrung in den Wellenschlag des Ewiggleichen. Der Refrain eines Volkslieds, "Eile nicht in die Fremde", geht ihr nicht mehr aus dem Kopf - und doch überhört sie die Warnung.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 03.09.2009

Wem es wie Esther Kinsky gelingt, die durch Weite, Trockenheit und Gleichförmigkeit geprägte südostungarische Tiefebene derart brillant in Prosa zu fassen, dessen literarische Zukunft ist gesichert, davon ist Jörg Plath überzeugt. In ihrem mit dem täuschend idyllischen Titel "Sommerfrische" versehenen Roman passiert außer der stetigen Zunahme der Temperaturen nicht viel, und wenn doch etwas passiert, dann wird es in "gemächlicher" Sprache bar jeder Larmoyanz und ohne zu werten dargeboten, stellt der Rezensent fest. Erzählt wird von der Feriensiedlung Üdülö und einer namenlosen Vorstadt, es geht um Gauner, Einfeiermädchen und um Ehemänner, die Frau und Kinder wegen einer Fremden verlassenen. Aber all das wird gleichmütig dargeboten und kaum je tritt ein Protagonist mal als Subjekt mit eigener Stimme in Erscheinung, lässt Plath wissen. Das nährt in ihm zwar den Verdacht, dass Kinsky vielleicht kein Händchen für klar konturierte Figuren und Dialoge hat. Doch findet er dafür die Bildhaftigkeit und dichte Atmosphäre ihrer Landschaftsbeschreibung derart brillant, dass sie für diese Schwäche vollkommen entschädigen, wie er meint.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.07.2009

Andreas Breitenstein ist vom Debütroman der bisher als Übersetzerin nicht nur aus dem Polnischen hervorgetretenen Esther Kinsky hingerissen. In ihrem schmalen Buch erzählt die Autorin von der "Sommerfrische" in einem ungarischen Sumpfgebiet, in dem der Gegensatz zwischen der Utopie einer Urlaubsidylle und der Realität der postkommunistischen Ödnis nicht größer sein könnte, wie der Rezensent in seiner eingehenden Kritik feststellt. Viel passiere nicht in diesem schmalen Roman, der weniger erzählt, als dass er in berückend poetischen Bildern die glühende Hitze der Feriensiedlung Üdülö, die aber auch immer wieder vom über die Ufer tretenden Fluss überschwemmt wird, heraufbeschwört, so Breitenstein beeindruckt. Der Autorin ist ein "Todes- und ein Lebensbuch" zugleich gelungen, das der prosaischen Realität eine "betörende Poesie" abgewinnt, wie der Rezensent schwärmt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.07.2009

Mit großer Begeisterung bespricht Rezensentin Bettina Hartz dieses Romandebüt von Esther Kinsky, die sonst eine gefragte Übersetzerin aus dem Englischen, Polnischen und Russischen ist. Denn aus Sicht der Rezensentin bewegt sich die Autorin in dieser "cinemascopebreiten Sehnsuchtskulisse" im Nirgendwo einer endlosen ungarischen Ebene zwischen den Gegensätzen einer archaischen Welt und den nicht enden wollenden Nachwendeprovisorien der Provinz. In wechselhaften Schärfen sieht Hartz dabei Figuren auf- und abtreten, sich aus Szenen allmählich Geschichten fügen. Dabei flimmert aus Sicht der Rezensentin auch die leichtfüßige Sprache Kinskys wie Sommerhitze, deren Erzählstimme sie wie einen alles verbindenden Fluss mit leicht hypnotischer Wirkung beschreibt, aus dem sie am Ende des Buchs nur äußerst widerwillig wieder an Land gestiegen ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.05.2009

Endlich weiß Hans-Peter Kunisch wieder, "was oft fehlt" in der deutschsprachigen Literatur. Es ist diese Fähigkeit, sinnlich zu schreiben, ohne ungenau zu werden oder verschnörkelt. Ein Verständnis von Sprache nicht primär als Handlungsvehikel, eine andere Aufmerksamkeit. Bei Esther Kinsky bekommt Kunisch all das. Schon der Buchtitel zieht ihn unwiderstehlich an in seiner Luftigkeit. Dass es dann doch sehr genau zugeht, die Autorin eine Bestandsaufnahme eines "obskuren" ungarischen Ferienidylls liefert, findet Kunisch um so reizvoller. Auf dramatische Ereignisse, meint er, lässt sich verzichten angesichts der "Betonung von Dauer" und eines nie versiegenden "Stroms kleiner Ereignisse".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.04.2009

Im Südostungarn dieses Debütromans der Übersetzerin Esther Kinsky ist Matthäi am letzten. Die postkommunistische Gesellschaft ist im Abbruch, Jobs und Hoffnung gibt's keine - und in der Ferienkolonie, in der der Roman spielt, kommt zwischen verwesenden Ratten und "flirrender Hitze" das Leben zum Stillstand. Dort ihr Dasein Fristende, dort "Gestrandete" stehen im Zentrum des Buchs, dessen große Stärke, so die Rezensentin Judith Leister, in der Fähigkeit der Autorin besteht, nichts, wovon sie erzählt, aufs Klischee zu reduzieren, und vor allem darin, dass ihre Prosa mit all den "wunderbaren Wortschöpfungen" geradezu an Gedichte erinnert.
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