Etel Adnan

Wir wurden kosmisch

Ein Gedicht, Zeichnungen, Fotografien und ein Gespräch
Cover: Wir wurden kosmisch
Starfruit Publications, Nürnberg 2019
ISBN 9783922895367
Gebunden, 80 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben und aus dem Englischen übersetzt von Joshua Groß und Moritz Müller-Schwefe. Am 12. April 1961 flog der russische Kosmonaut Juri Gagarin als erster Mensch ins All, am 27. März 1968 starb er bei einem Flugzeugunglück: Zukunftsglaube, Weltpolitik, technischer Fortschritt, Mythologie, Leben und Sterben - all das kulminiert für Etel Adnan in der tragischen Figur Juri Gagarins. Bewegt von diesen Ereignissen schrieb die damals 43 Jahre alte libanesische Lyrikerin, Malerin und Denkerin Etel Adnan das Gedicht "Ein Trauermarsch für den ersten Kosmonauten", ein Klagelied für den "neuen Ikarus", einen Gedichtzyklus, in dem sich Raumfahrt und Philosophie mit Zeit- und Kulturgeschichte verbinden.1968 lebte Adnan in Kalifornien. Heute ist sie sesshaft in Paris. Im Alter von 94 Jahren denkt Etel Adnan noch einmal nach über ihr Gedicht und die Tragweite der tief verankerten menschlichen Sehnsucht, das All zu besiedeln: Welche ökologische und politische Hybris verbirgt sich dahinter? Welche kulturgeschichtliche Bedeutung hat das Motiv der Expansion? Und welche Auswirkungen hat das auf die Kunst? Mit Joshua Groß und Moritz Müller-Schwefe spricht Etel Adnan über Umstürze, Bewusstseinserweiterung und Fallhöhen, über Grenzüberschreitungen (im Guten wie im Schlechten), über den Stellenwert der Menschheit im All, über den Drang, zu Neuem vorzustoßen, über Revolutionen und über ihre Kindheit. Begleitet wird "Ein Trauermarsch für den ersten Kosmonauten" von Zeichnungen, inspiriert von Adnans erneuter Auseinandersetzung mit dem Thema Raumfahrt, sowie von Fotografien, die Raketenstarts russischer Raumschiffe zeigen. Unabhängig davon, dass Juri Gagarins erster Flug ins All mittelbar den Kalten Krieg anheizte, sieht Etel Adnan in der Raumfahrt eine gemeinschaftliche, menschliche Erfahrung, die neue Möglichkeiten eröffnete und vor allem eine Auswirkung hatte: Wir wurden alle kosmisch!

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 11.01.2020

Cornelius Wüllenkemper nimmt den Band mit Texten, Gesprächen und Zeichnungen von Etel Adnan als Gelegenheit, das vielseitige Werk der Autorin (wieder) kennenzulernen. Verblüffend findet er die Weltläufigkeit Adnans und den Umstand, dass ihr Verständnis von Literatur als Rebellion ohne Ideologie auskommt. Der im Band enthaltene lyrische "Trauermarsch" für Gagarin scheint Wüllenkemper auch 50 Jahre nach seiner Entstehung aktuell in seiner den Flug ins All und die Hybris des Menschen verbindenden Metaphorik. Adnans spontane, Alltagsbilder integrierende Schreibweise findet der Rezensent spannend.