Gabriele Goettle

Die Ärmsten!

Wahre Geschichten aus dem arbeitslosen Leben
Cover: Die Ärmsten!
Die Andere Bibliothek/Eichborn, Frankfurt am Main 2000
ISBN 9783821841915
Gebunden, 397 Seiten, 25,31 EUR

Klappentext

Mit Fotografien von Elisabeth Kmölniger. Einblicke in die Welt der Armut, die aus einzelnen Personen und Geschichten besteht. Reportagen von "unten".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.02.2001

Beatrix Langner geht es ganz zaghaft an. Indem sie uns die behandelte Problematik, die Arbeitsweise der Autorin und die verschiedenen Versatzstücke des Buches (Gesprächsprotokolle, szenische Plots, biographische Skizzen) durchaus neutral auseinandersetzt, macht sie uns mit dem Gegenstand vertraut. Um im letzten Viertel ihrer Besprechung um so vehementer ihre Zweifel anzumelden: Was Autorin und Verlag sich mit diesem Buch leisteten, sei nichts anderes als die Entpolitisierung des namenlosen sozialen Elends zur schicken Subkulturszene. Das Elend des Buches sei belletristisch, die gezeigte Armut "kulturkompatibel aufpoliert". Derartiger Sozialromantik, findet die Rezensentin nun ganz und gar nicht mehr zaghaft, ist jede der drei Straßenzeitungen Berlins an Authentizität und Kritik weit überlegen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.12.2000

Gabriele Goettle besitzt nach Elke Schubert die "seltene Gabe, den Menschen zuzuhören", und hat davon in ihren großen Reportagen über die Berliner Suppenküchen einen Gebrauch gemacht, den die Rezensentin als "unverhofftes Geschenk" bezeichnet. Was ihr gefällt, ist , dass die Armut sowohl aus den soziologisch-statistischen als auch aus den karitativ-sozialkritischen Diskursen völlig gelöst und als ein Universum geschildert wird, dass aus lauter einzelnen Personen, Schicksalen und Geschichten bestehe. Da feiert Schubert etwa den "wunderbaren Antiquar", der Goettle in diese von außen oft kaum wahrnehmbare Nebenwelt eingeführt habe. Man lernt offensichtlich auch einiges "Technische" über das Armsein, etwa, dass der Sommer die schlechteste Jahreszeit ist, eben weil die Suppenküchen, der einzige Treffpunkt der Obdachlosen, zu dieser Jahreszeit geschlossen bleiben. Eine "Schatztruhe an Lebensweisheit und -schläue" hat Schubert hier gefunden, und als sehr wohltuend schildert sie, dass Goettle dabei "ohne moralisierenden Ton oder falsches Mitleid" verfährt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.12.2000

"Gabriele Goettle muss ein feiner Mensch sein", bemerkt Michael Tetzlaff und meint dies ganz und gar nicht ironisch. Eigentlich hätte er das gar nicht explizit betonen müssen. Aus seiner Rezension spricht mehr als Respekt für eine Autorin, die dort genauer hingeschaut habe, wo andere lieber wegsehen, die sich nicht zu fein sei, sich jahrelang unter die Ärmsten zu mischen, um darüber zu berichten. Tetzlaff gibt dem Leser einen Einblick in Goettles Arbeitsweise: Gemeinsam mit der Fotografin Elisabeth Kmölniger mischt sie sich unaufdringlich unter die Menschen, taucht ein in ihre Welt, trifft sie beispielsweise in der Suppenküche in der Heilig-Kreuz-Kirche in Berlin Kreuzberg, horcht ihnen ihre Geschichten ab und beobachtet, ohne zu "gaffen". Belohnt werde sie von diesen Menschen dafür, "mit dem Kostbarsten, was die meisten wohl noch besitzen: mit ihrem Vertrauen", ohne das, davon ist der Rezensent überzeugt, die Geschichten wohl nicht so wertvoll wären. Die Reportagen, die auf diese Art entstehen, sind "präzise" und "schonungslos ehrlich", lobt Tetzlaff.

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