John Reed

Revolutionsballade

Mexiko 1914
Cover: Revolutionsballade
Die Andere Bibliothek/Eichborn, Frankfurt am Main 2005
ISBN 9783821845609
Gebunden, 370 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Ernst Adler und Matthias Fienbork. Mit einem Essay von Hans Christoph Buch und Illustrationen von Jose Guadeloup Posada. "Mein sehr verehrter und geschätzter Herr! Sollten Sie es wagen, die Stadt Ojinaga zu betreten, so werde ich Sie mit dem Gesicht an die Wand stellen lassen, und es wird mir persönlich ein großes Vergnügen sein, Furchen in Ihren Rücken zu schießen", schreibt dem Verfasser ein mexikanischer General. "Dennoch", sagt der Reporter, " ging ich eines Tages durch den Fluß und stieg zur Stadt hinauf." So beginnt John Reeds Bericht von einer Revolution, an die sich in Europa kaum noch jemand erinnert. Der 27jährige ahnungslose Amerikaner stürzt sich in die ersten Scharmützel eines blutigen, wirren, grausamen Bürgerkriegs, der zehn Jahre dauern sollte. Er hat kein revolutionäres Heldenepos geschrieben, sondern die Chronik eines tragikomischen Tohuwabohus, voller Sympathie mit den Kämpfern, Opfern und Randfiguren des Aufruhrs.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.03.2006

Das waren noch Kerle, heißt es elegisch bei Rezensentin Karin Ceballos Betancur, die "Journalisten jener Epoche". Und John Reed sei nicht nur einer gewesen, der höhere Maßstäbe an seine Reportagen angelegt habe als pseudoobjektive Faktentreue, John Reed habe seine Berichte vom mexikanischen Bürgerkrieg noch persönlich aus dem Schützengraben geschrieben. Manchmal grenzwertig pathetisch, aber immer liebenswert, und mit vielen menschlichen Szenen. Die meisten seiner Kollegen, so die Rezensentin, hätten da die Cantinas des Landes als Informationsquelle vorgezogen. Der Rezensentin größtes Lob gilt darüber hinaus Reeds Porträt des Rebellenführers Francisco Villas, einfach unfassbar lebendig. Reeds Ballade sei zudem ein nicht weniger "glänzender" Essay Hans Christoph Buchs zur Seite gestellt und ein so knapper wie informativer geschichtlicher Abriss der Revolutionsereignisse. Und dann noch, rundet die Rezensentin ihre Lobeshymne ab, machten die "anspruchsvolle" Ausstattung und die "fantastischen Illustrationen Jose Guadalupe Posadas das Buch zu "etwas ganz besonders Feinem".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.08.2005

Der Reporter John Reed, der schon zu Lebzeiten eine linke Legende war und an der Kremlmauer beigesetzt wurde, weil er in "Zehn Tage, die die Welt erschütterten" die Russische Revolution gefeiert hatte, mischt auch in seiner "Revolutionsballade" von der mexikanischen Erhebungen unter den ebenfalls legendären Rebellenführern Pancho Villa und Emiliano Zapata tüchtig Dichtung und Wahrheit durcheinander, diagnostiziert Rezensent Michael Schmitt. Reed scheut sich nicht, "Episoden zu erfinden", und die Chronologie handhabt er so, wie es seinen darstellerischen Zwecken dient. Und obwohl Reed manchen zeitgenössischen Beobachtern gar als Sprachrohr Pancho Villas galt, nimmt Schmitt ihn doch in Schutz vor dem Vorwurf des "embedded journalism". Man muss die Klassifizierung des Textes als "Ballade" durchaus ernst nehmen, mahnt der Rezensent, denn es sei "ein trauriges Lied über eine ausweglose Situation". Was Reed dem Leser ermöglichen will, ist nicht Belehrung, sondern Teilhabe, Anteilnahme an den mexikanischen Realitäten - "Mitleidenschaft" nennt der Rezensent das. So ergeben diese Ereignisse zwischen vage sozialistischer Erhebung und "folkloristischem Zierrat" eine Mischung, die man wohl "pittoresk" und "klischeehaft" nennen kann, wie Schmitt meint, die zugleich aber auch "bitterernst" ist.