Hans-Ulrich Treichel

Über die Schrift hinaus

Essays zur Literatur
Cover: Über die Schrift hinaus
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2000
ISBN 9783518121443
Taschenbuch, 242 Seiten, 10,17 EUR

Klappentext

Hans Ulrich Treichel erbringt in seinen Texten zu Kafka und Robert Walser, Peter Weiss und Ernst Jünger, Arno Schmidt, Wolftgang Koeppen und Hans Magnus Enzensberger, um nur einige zu nennen, den Beweis, dass Literatur und Literaturwissenschaft kein Gegensatz sein müssen, sondern im selben Garten ihre Wurzeln schlagen. Mit großer Freude am bisher übersehenen Detail taucht er "seine" Autoren in ein neues und persönliches Licht - und verleugnet sich dabei als ironischer Erzähler nie selbst.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 24.06.2000

Dirk Knipphals beginnt seine Besprechung zweier Bücher von Hans Ulrich Treichel mit der Feststellung, dass "sich unser kleiner, feiner Literaturbetrieb in eine alte und eine neue Schule aufteilt" und die Zuordnung zu einer dieser Schulen sich am "Koeppentest", der Einschätzung des Lebenswerkes des Schriftsteller Wolfgang Koeppen festmachen lässt. Treichel rechnet Knipphals eher der alten Schule zu, die ihre "literarischen Prägungen aus kunstgläubigeren Zeiten" bezieht - wenn auch nicht ohne Ambivalenzen.
1) "Über die Schrift hinaus"
Das macht Knipphals an dem Essay fest, in dem sich Treichel in seinem Band "Über die Schrift hinaus" mit eben diesem Wolfgang Koeppen beschäftigt: Er sei eine "dezente Liebeserklärung und ein Abschied zugleich". Als besonders gelungen betrachtet Knipphals in dem Band den Essay über Hans-Magnus Enzensberger, dem Treichel nachweise, dass sich in seiner Lyrik - anders als von Enzensberger selbst postuliert - ein doch erkennbares "Ich" des Autors versteckt. Die weiteren Essays des Bandes befassen sich mit Kafka und Walser und denen, die Knipphals als "die großen Uneindeutigen" bezeichnet: Ernst Jünger, Arno Schmidt, Peter Weiss und Botho Strauß.
2) "Tristanakkord"
Zu diesem Roman meint Knipphals, dass die Ebene, der Treichel in seinen Essays präzise nachspüre, "die nämlich, auf der sich die Spuren des Lebens in der Schrift wiederfinden", hier "gut versteckt" ist. An das Einfühlungsvermögen, das Treichel in seiner vorangegangenen Erzählung "Der Verlorene" an den Tag legte, könne er mit dieser Erzählung nicht anknüpfen, vielmehr attestiert Knipphals dem Roman eine "parodistische Konstruktion", die aber "wie alle guten Persiflagen [?] ihren Gegenstand sehr ernst nimmt". Gegenstand hier ist ein junger Doktorand, der die Memoiren eines Komponisten Korrektur lesen soll und sich damit auf ein schwieriges, sich auf andere Aufgaben ausdehnendes Unterfangen einlässt. Am Schluss des Projektes scheitert er letztendlich. Das hier beschriebene Scheitern sieht Knipphals wiederum als Beleg für den Konflikt zwischen oben beschriebener alter und neuer Schule, zu deren Ausformungen Treichel ein ambivalentes Verhältnis hat, bei der die alte Schule aber dennoch - "mit Ironie abgefedert" - die Oberhand behält.