Helene Hegemann

Bungalow

Roman
Cover: Bungalow
Hanser Berlin, Berlin 2018
ISBN 9783446253179
Gebunden, 288 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Während ihre Mutter das letzte Einkaufsgeld versäuft, beobachtet Charlie vom Balkon ihrer Betonmietskaserne die benachbarten Bungalows und deren Bewohner: Sie lernt, dass es mehrere soziale Klassen gibt und sie selbst zur untersten gehört. Dann, kurz nach ihrem zwölften Geburtstag, zieht ein neues Ehepaar ins Viertel. Die beiden sind Schauspieler, unberechenbar, chaotisch, luxuriös, schlauer als alle anderen - und für Charlie das, was der Rest der Welt als ihre "erste große Liebe" bezeichnen würde: Spielkameraden und Lover, größter Einfluss und größte Gefährdung.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.12.2018

Rezensent Philipp Theisohn hält Helene Hegemanns Roman "Bungalow" für bisher weitestgehend verkannt. In seinen Augen hat die Autorin hier nicht etwa eine Dystopie geschrieben, sondern im Schreiben radikal das Spiel der "soziokulturellen Mauerschau" entlarvt, das die heutige "classe creátive" seiner Meinung nach betreibt. Während nämlich das Schauspielerehepaar Georg und Maria nur so tut, als wäre es roh, ist ihre Nachbarin Charlie, die von ihrem Plattenbau aus auf deren Bungalow sehen kann, tatsächlich ein wundgeriebener Mensch erzählt der Rezensent. Dass außerdem ein undefinierter Krieg herrscht, ist für Theisohn nur ein weiteres Merkmal dessen, was das wahre Erleben des Randes der Gesellschaft mit sich bringt: Man will nichts mehr erreichen, sondern die Welt brennen sehen, sinniert er. Insofern hält er Hegemanns Roman für bedrückend und beglückend zugleich.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.09.2018

Jan Jekal entdeckt hinter der angestrengt-abgeklärten Schilderung langweiliger Orgasmen ein spannendes Sozialdrama in Helene Hegemanns neuem Roman. Der rasche Wechsel zwischen platten Kalauern und origineller Bildlichkeit haut Jekal mitunter um. Um das Buch nicht aus der Hand legen zu müssen, konzentriert er sich auf die schonungslose Ehrlichkeit, den Ernst und die "herzzerreißende" Zartheit in der Geschichte um ein einsames, mit seiner Abhängigkeit von der schizophrenen Mutter kämpfendes Mädchen. Dass Hegemann ihren Coming-of-Age-Roman mit dystopischen Elementen garniert, hält der Rezensent für unnötig. Das bedrückende Kammerspiel zwischen Tochter und Mutter aber findet er beeindruckend ausgeführt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.08.2018

Sandra Kegel weht die soziale Kälte aus Helene Hegemanns neuem Roman ins Gesicht. Bemerkenswert findet Kegel nicht nur die gezeigte Wehrlosigkeit der kindlichen, wenngleich zähen Heldin und ihr Ringen um Unabhängigkeit von der kranken Mutter und den verwahrlosten Verhältnissen, sondern auch, wie Hegemann ihre Fabel immer wieder ins Groteske biegt. Soghaft scheint Kegel vor allem der Ton der Erzählung. Ein rasantes, stimmiges Psychogramm aus Opferperspektive, meint Kegel, dem jede Larmoyanz fern liegt. Das Quellenverzeichnis deutet die Rezensentin als Reaktion auf frühere Plagiatsvorwürfe.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.08.2018

Charlie, die jugendliche Erzählerin des neuen Romans von Helene Hegemann, lebt in naher Zukunft verarmt mit ihrer alkoholkranken Mutter in einer Hochhaussiedlung mit Blick auf gegenüberliegende Bungalows, schreibt Rezensentin Judith von Sternburg. Dort ziehe das glamouröse Paar Gregor und Maria ein, mit dem die faszinierte Charlie eine Dreiecksbeziehung eingehe. Äußerst pikante Sexszenen gehören laut Sternburg ebenso zu Charlies Berichten wie drastische Gewalt, Naturkatastrophen, schockierende Internetvideos und die Nachwirkungen eines gerade vergangenen Krieges. Zu Beginn noch beeindruckt von den "krassen" Schilderungen, hätte sich die Rezensentin nach der Lektüre gewünscht, dass all die Heftigkeit auch irgendwo hinführt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.08.2018

Hätte sich Helene Hegemann doch bloß für ein Memoir statt für einen Roman entschieden, klagt Rezensent Tobias Lehmkuhl. Denn der Mix aus "Coolness und Erzählfuror", mit dem die junge Autorin von der jungen, "rotzigen" Charlie erzählt, die bei ihrer alkoholkranken Mutter in schwierigen sozialen Verhältnissen aufwächst, ist packend, meint der Kritiker. Nur erscheint ihm der Text eher wie eine "Sozialreportage", aus der Hegemann mit "irrealen" und "dystopischen" Elementen einen Roman zu basteln versucht. Schade, meint er.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.08.2018

Rezensentin Marie Schmidt atmet auf: Helene Hegemann hat ihren inzwischen dritten Roman vorbildlich mit Quellenangaben versehen - und auch das "manische Kraftquatschen" der Autorin erscheint ihr gelassener. Und dennoch kann sie die Geschichte um die in Gegenwart ihrer trinkenden und labilen Mutter zunehmend verwahlosende Charlie nicht komplett überzeugen. Denn eigentlich macht Schmidt hier drei Romane aus, die weder erzählerisch, noch stilistisch verknüpft sind: Einen Liebesroman - Charlie beginnt eine Affäre mit dem Paar im titelgebende Bungalow -  eine "futuristische Dystopie" und eben jenes "Drama des vernachlässigten Kindes". Dass Hegemann hier nur selten auf Übertreibungen und bizarre Einfälle setzt, stattdessen einige gelungene Aphorismen liefert, hat der Kritikerin unterdessen gut gefallen. Und die Obsession, mit der die Autorin Angst erlebbar machen kann, hat Schmidt sowieso beeindruckt.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 18.08.2018

Auch in ihrem neuen Roman "Bungalow" erzählt Helene Hegemann wieder von einem verwahrlosten Jugendlichen aus der prekären Mittelschicht, in diesem Fall die Tochter einer alkoholkranken Schizophrenen, schreibt Rezensent Boris Pofalla: Während die Mutter nach außen hin Normalität zu bewahren versuche, in den eigenen vier Wänden aber mit Armut und Selbstmordgedanken kämpfe und immer wieder Pläne äußere, ihre Tochter umzubringen, sehne Erzählerin Charlie sich nach der Souveränität, die die Bewohner des Bungalows nebenan ausstrahlen, und schleiche sich in ihr Leben ein. Laut Pofalla lässt Hegemann den Leser über weite Strecken im Dunkeln tappen, welche Ereignisse wirklich stattfinden und in welchem Zeitraum sie geschehen, dafür seien die Schilderungen so drastisch und sprachlich so originell, dass sie einen wirklich erschüttern können und die fehlende Stringenz eindeutig wettmachen, findet der beeindruckte Rezensent.