Hengameh Yaghoobifarah

Ministerium der Träume

Roman
Cover: Ministerium der Träume
Blumenbar Verlag, Berlin 2021
ISBN 9783351050870
Gebunden, 384 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Als die Polizei vor ihrer Tür steht, bricht für Nas eine Welt zusammen: ihre Schwester Nushin ist tot. Autounfall, sagen die Beamten. Suizid, ist Nas überzeugt. Gemeinsam haben sie alles überstanden: die Migration nach Deutschland, den Verlust ihres Vaters, die emotionale Abwesenheit ihrer Mutter, Nushins ungeplante Mutterschaft. Obwohl ein Kind nicht in ihr Leben passt, nimmt Nas ihre Nichte auf. Selbst als sie entdeckt, dass Nushin Geheimnisse hatte, schluckt Nas den Verrat herunter, gibt alles dafür, die Geschichte ihrer Schwester zu rekonstruieren - und erkennt, dass Nushin sie niemals im Stich gelassen hätte. "Ministerium der Träume" ist ein Roman über Wahl- und Zwangsfamilie, ein Debüt über den bedingungslosen Zusammenhalt unter Geschwistern, das auch in die dunklen Ecken deutscher Gegenwart vordringt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.05.2021

Rezensentin Viktoria Willenborg begegnet selten Geschichten und Figuren wie in Hengameh Yaghoobifarahs Roman um eine aus Teheran stammende laute, queere Berliner Türsteherin auf der Suche nach ihrer Schwester. Rassen- und Klassenkonflikte waren noch nie so schön ins Wort gewickelt wie in diesem Buch, findet die Rezensentin, die sich besonders an Yaghoobifarahs persiflierten Einblicken in die Kultur der privilegierten Almans und Biodeutschen ergötzt. Slang und Songtexte mixt die Autorin laut Rezensentin ebenso gekonnt in den Text. Dass sich das Buch um die tristen Erfahrungen von Migranten in diesem Land dreht, könnte Willenborg fast vergessen. Schade bloß, dass der Roman etwas mühsam losgeht und etwas rührselig endet, findet sie.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 18.02.2021

Rezensent Ijoma Mangold reibt sich die Augen: Die schrille Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah kann Romane schreiben! Die Geschichte um zwei Schwestern aus Teheran, die sich in Berlin als Türsteherin und Sexarbeiterin durchschlagen, erzählt die Autorin dem Rezensenten mit so viel Witz, Direktheit, Emotion und mit einem gebrochenen Gut-Böse-Koordinatensystem, dass Mangold gefesselt ist. Gerade das Misstrauen den oft blindwütig agierenden Figuren gegenüber hält ihn bei der Stange. Die Sprache aus Queer-Slang, Anglizismen und "verspieltester Orientalistik" findet er außerdem kunstvoll und einfach schön.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 16.02.2021

Rezensentin Maike Albath sieht Hengameh Yaghoobifarahs Talente in der Literatur besser aufgehoben als im Journalismus. Zwar findet sie auch den Debütroman der taz-Kolumnistin ziemlich schrill, effekthascherisch und holzschnittartig, aber offenbar ergeben die Wut und Wirren einer jungen Deutschiranerin für Albath in der Fiktion mehr Sinn. In der Geschichte um eine Berliner Türsteherin, deren Schwester unter mysteriösen Umständen umkommt, eröffnet, erkennt Albath eine Mischung aus "Psychonummer, Abenteuergeschichte und Entwicklungsroman". Sie empfiehlt den Roman.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 13.02.2021

Rezensentin Kathrin Witter hat prinzipiell nichts gegen die Verhandlung gesellschaftlicher Fragen in der Literatur einzuwenden, auch nicht, wenn autobiografische Bezüge auftauchen, solange dabei nicht nur Schematismus herumkommt. Hengameh Yaghoobifarahs Roman indes kann sie ausschließlich als eindimensionale Werbung für "die Antifa-Szene" lesen, seine Charaktere werden ihr zufolge klar in erwartbar gute Migranten und erwartbar schlechte Deutsche aufgespalten. Darüber hinaus hat die Sprache, die der Kritikerin zufolge zwischen Ansage und Akademismus changiert, Witter schnell ermüdet.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.02.2021

Rezensentin Juliane Liebert liest Hengameh Yaghoobifarahs Roman vor dem Hintergrund ihrer polemischen "Habibitus"-Kolumnen, in denen die nonbinäre Autor*in hemmungslos gegen die Deutschen angeschrieben habe. Auch in ihrem Debütroman, in dem fast ausschließlich weibliche Figuren auftauchen, sei die Protagonistin Nasrin, eine als Kind aus Teheran nach Deutschland immigrierte lesbische Türsteherin in Berlin, hauptsächlich im "Pöbelmodus" unterwegs, meint Liebert und erkennt auch ein nicht unberechtigtes Denken in Gruppen und Gegengruppen wieder. Trotzdem gehe es im Roman (mit sehr deutsch-bürokratischem Titel, wie Liebert anmerkt) weniger "krawallig" zu; die Rezensentin freut sich über kreative, zuweilen etwas schiefe Sprachbilder.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 07.02.2021

Rezensent Tobias Rüther erkennt nicht nur mit dem schon zwei Wochen vor geplantem Starttermin veröffentlichten Debütroman von taz-Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah einen Umbruch in der deutschsprachigen Literatur. Wie auch Mithu Sanyals "Identitty" verhandelt Yaghoobifarah identitätspolitische Themen. Die Geschichte um die Schwestern Nushin und Nasrin, im Iran geboren, in Lübeck aufgewachsen, der Vater hingerichtet, die Mutter in Trauer zurückgezogen, führt Rüther von den frühen Achtzigern bis in die Zehnerjahre. Erzählt wird vom Aufwachsen mit dem Trauma der Flucht, von Heimatlosigkeit, von alltäglichem Rassismus, rechtsextremem Terror und Übergriffen auf MigrantInnen, resümiert der Rezensent. Der Roman weitet sich bald zum Thriller aus, wenn Nushin, gerade Mutter geworden, bei einem Autounfall stirbt, und die Polizei sofort tumb in Richtung Clan-Kriminalität ermittelt, während Nasrin, inzwischen Türsteherin einer queeren Bar, ganz anderen Familiengeheimnissen auf den Grund kommt. Rüther liest das alles mit Spannung und Interesse und lobt den Sprachwitz der Autorin.