Henry James

Benvolio

Erzählungen
Cover: Benvolio
Manesse Verlag, München 2009
ISBN 9783717521761
Gebunden, 416 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Ingrid Rein. Mit einem Nachwort von Elmar Krekeler. Frei von materiellen Sorgen und ohne eine wirkliche Aufgabe loten James' Helden ihre Bestimmung vornehmlich auf Reisen aus: auf dem Weg von der Neuen in die Alte Welt, von der Stadt aufs Land. So flieht der kunstsinnige Mr. Locksley nach einer Trennung aus der von gesellschaftlichen Pflichten regierten Metropole New York in die ländliche Idylle Neuenglands. Die Liebe zu einer unschuldigen Fischertochter bahnt sich an. Doch nichts ist, wie es zunächst scheint. Trotz großer realistischer Genauigkeit gelingt es Henry James, die Gefühle seiner Helden und den Ausgang der Handlung in der Schwebe zu halten. In den hier ausgewählten Erzählungen, die zwischen 1866 und 1884 entstanden, treibt er sein Spiel mit Ahnung und Zweifel der Leser. Die Erzählungen wurden zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.08.2010

Rezensentin Angela Schader ist zweifellos eine ausgesprochene Freundin des Werks des amerikanischen Autors Henry James. Dass sie deswegen nicht jeden der vielen Texte, die er verfasst hat, gleich für ein Meisterstück hält, wird in der Rezension dieses Erzählungsbands klar. Für höchst raffiniert konstruiert hält sie darin vor allem die Mittel- aber nicht Titelgeschichte "Der Weg der Pflicht", in dem eine Erzählerin, in der Schader den Autor durchaus wiedererkennt, sehr viel weniger moralisch ist, als sie eine ganze Weile lang sehr erfolgreich tut. "Longstaffs Heirat" ist simpler und verblasse nach einem gelungenen Höhepunkt. Eher ungewöhnlich scheinen der Rezensentin die frühe Erzählung "Ein Landschaftsmaler" und "Vier Begegnungen", die nicht die Gesellschaft ins Zentrum stellen. Lesenswert findet sie, auch wenn James manchmal ins James-Klischee gleitet, den Band insgesamt; die "stilsichere Übersetzung" Ingrid Reins trägt dazu bei.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.12.2009

Rezensent Gustav Seibt zeigt sich hocherfreut über diesen Band mit fünf Erzählungen von Henry James, die bisher noch nicht in deutscher Übersetzung vorlagen. Er würdigt James als psychologisch ebenso fein- wie scharfsinnigen Erzähler, als Virtuosen des leichthändigen Stils, der sich meisterhaft versteht auf "Halbtöne, Halbschatten und verschwiegene Empfindungen". Die Erzählungen, genauer: die Novellen des vorliegenden Bands, handeln für Seibt von den "Labyrinthen der Liebe" vor dem Hintergrund der sich auftuenden großen Kulturgegensätze des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts, den Gegensätzen zwischen Amerika und Europa, Moral und Gefühl, Ehe und Liebe. Bei alledem scheint ihm James auch ein sehr moderner und immer überraschender Erzähler, ein Erzähler auch, der ihn mit "aquarellzart angedeuteten seelischen Feinheiten" überzeugt hat.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.10.2009

Als Beobachter sozusagen zweiter Ordnung von Ehegeschichten begreift Jürgen Kaube in seiner Rezension den amerikanischen Erzähler Henry James. Aus der Perspektive eines moralisch nicht involvierten Erzählers in hoch moralische (und moralisierte) Angelegenheiten ergebe sich eine ganz bestimmte Genre-Zuordnung des Erzählten: In den Blick kommen so nämlich Liebes- als "Klatschgeschichten". Ausführlicher legt Kaube dar, was er meint, an James' Erzählung "Ein Weg der Pflicht" (als "durchtriebenste" des Bandes lobt sie der Rezensent). Es geht um einen jungen Mann, der die Frau, die er liebt, nicht heiraten kann, weil er zum ungünstigen Zeitpunkt einer anderen, die er nicht liebt, die Ehe versprochen hat. Weil er das moralisch wohl Richtige tut, darüber aber zum Moralapostel wird, endet das ganze in nichts als Unglück. Dass einem die Figuren und der Erzähler bei der Lektüre sehr wohl "auf die Nerven" gehen können, hat, so Kaube, in erster Linie mit der "Unvernunft" der Figuren zu tun. Das Nachwort von Elmar Krekeler sowie die Übersetzung von Ingrid Rein werden ausdrücklich gelobt.
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