Hideo Yokoyama

64

Thriller
Cover: 64
Atrium Verlag, Zürich 2018
ISBN 9783855350179
Gebunden, 768 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Japanischen von Sabine Roth und Nikolaus Stingl. Im Januar 1989 wird in Tokio ein siebenjähriges Mädchen entführt. Fünf lange Tage versuchen die verzweifelten Eltern alles, um die Forderungen des Entführers zu erfüllen. Doch alle Bemühungen sind vergebens. Der Entführer entkommt unerkannt mit dem Lösegeld, kurz darauf wird die Leiche des Mädchens gefunden. Die Ermittlungen der Polizei laufen ins Leere. Der Fall geht unter dem Aktenzeichen 64 als ungelöstes Drama in die Kriminalgeschichte Japans ein. Vierzehn Jahre später verschwindet die Tochter von Yoshinobu Mikami, dem Pressesprecher eines kleinen Polizeireviers. Mikami, selbst Gefangener eines übermächtigen Verwaltungsapparats, stößt kurz darauf auf ein geheimes Memo zu Fall 64. Getrieben von einer dunklen Ahnung beginnt er, auf eigene Faust zu ermitteln - und öffnet eine Tür, die besser für immer verschlossen geblieben wäre.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.06.2018

Wer den vom Cover versprochenen Thriller erwartet, wenn er Hideo Yokoyamas Roman "64" aufschlägt, wird enttäuscht werden, meint Rezensentin Katharina Granzin. Vordergründig biete er zwar alles, was das Genre verlangt - Ermittlungen in einem mysteriösen Entführungsfall bei persönlicher Betroffenheit des Detektivs -, aber eigentlich gehe es hier um die minuziöse Schilderung des japanischen Justizapparates, in dem "Hierarchie alles sei", so Granzin. Da auch die Ehe des Protagonisten als strikt hierarchisch geordnet präsentiert werde - arbeitender Mann, kochende Frau -, sage das Buch viel über die japanische Gesellschaft aus, weshalb die Feuilletons es als neues Stück Weltliteratur bejubeln, erklärt die Rezensentin. Sie selbst fand die Lektüre des umfangreichen Romans wegen der Unzahl an Figuren und einem Mangel an Bildlichkeit eher beschwerlich, wenn auch wertvoll. Granzin hat sich beim Lesen gewünscht, der Roman wäre direkt aus dem Japanischen ins Deutsche übersetzt worden.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.04.2018

Thriller, Behördenroman, Fallstudie über moralische Fragen, sogar antikes Drama vereint Hideo Yokoyamas in Japan, England und den USA gefeierter Roman brillant, versichert Rezensent Nicolas Freund. Gebannt folgt er der Geschichte um den Pressedirektor Mikami, der im Jahre 2002 nicht nur mit dem nie aufgeklärten Fall der 1989 ermordeten siebenjährigen Shoko und allerhand Behördenstreitigkeiten konfrontiert wird, sondern dessen Teenager-Tochter auch spurlos verschwunden ist. Wie Yokoyama die Showa-Zeit unter Kaiser Hirohito mit den Kriminalfällen verbindet und dabei Privates und Staatliches in den moralischen Konflikten seiner Hauptfigur verdichtet, ringt dem Kritiker größte Anerkennung ab. Mit der Übersetzung von Sabine Roth und Nikolaus Stingl ist er ebenfalls zufrieden.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.03.2018

Rezensent Tobias Gohlis lässt sich von Hideo Yokoyama ins Dunkle und ins Helle führen. Gäbe es einen Nobelpreis für Krimis, meint Gohlis, Yokoyamas Buch hätte ihn verdient. Wie der Autor den fast verjährten, wegen eines Ermittlungsfehlers noch immer ungesühnten Mord an einem Mädchen wieder aufrollt, Tradition und Ehre, Bürokratie und Hierarchie, Empathie und Mitleid anhand seines Helden, eines skrupulösen Pressedirektors in einem zentraljapanischen Polizeipräsidium, verhandelt, findet Gohlis stark. Sämtliche Muster der Krimiliteratur sieht der Rezensent in diesem erstaunlichen Buch einer Revision unterzogen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.03.2018

Dass Kriminalromane nicht zwangsläufig Trivialliteratur sind, dürfte inzwischen auch dem letzten Kritiker aufgegangen sein - ein Krimi kann zum Beispiel hervorragend als Spiegel dienen, indem sich das Porträt einer Gesellschaft zeigt - das ist allerdings auch schon längst wieder ein alter Hut, meint Rezensentin Sylvia Staude und hält doch einen solchen, ganz neuen Roman in den Händen, wie sie meint: "64" wird aus der Sicht eines ehemaligen Ermittlers beim japanischen Kriminaluntersuchungsamt, heute Mitarbeiter der Verwaltung erzählt, dessen Tochter verschwunden ist, informiert siel. Wegen eines Auftrags beginnt er sich mit der Geschichte einer 14 Jahre zurückliegenden Entführung zu beschäftigen und deckt dabei allerlei beunruhigende Unstimmigkeiten auf, lesen wir. Ein Verdacht keimt in ihm auf und plötzlich hat sich die Geschichte zum spannenden Polizeiroman entwickelt, in dem es um Intrigen, Konkurrenz und Korruption im japanischen Polizeiapparat geht, verrät die Rezensentin. Was diesen kühl und klar erzählten Kriminal- und Gesellschaftsroman dann doch deutlich von anderen abhebt, ist die Intensität der Eindrücke, die er dem Leser vermittelt, meint Staude: So nah werde dieser herangeführt an eine "bestürzend fremde" Welt und Gesellschaft, wie es selten ist in der Literatur, lobt sie nachhaltig beeindruckt.

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