Ian Buruma

'45

Die Welt am Wendepunkt
Cover: '45
Carl Hanser Verlag, München 2015
ISBN 9783446247345
Gebunden, 412 Seiten, 26 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Barbara Schaden. Das Ende des Zweiten Weltkriegs setzte die bis heute letzte globale Zäsur Ende und Anfang, die in unzählige einzelne Bilder und Geschichten zerfallen. Der niederländisch-amerikanische Historiker Ian Buruma hat Hunderte persönlicher Erinnerungen und Berichte aus Europa und Asien zu einer großen Geschichte der Welt zur Stunde Null zusammengefügt. Er erzählt von Feinden, die zu Befreiern wurden, blühenden Schwarzmärkten, Militärgerichten und Lynchjustiz, von Siegern und Besiegten, von Trauer, Angst und grenzenloser Freude. So anschaulich und vielstimmig war noch nie über den dramatischen Sommer 1945 zu lesen, in dem das Fundament für unsere Gegenwart gelegt wurde.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.05.2015

Ian Burumas leichte Hand und sein souveräner, emphatischer Blick imponieren dem Augsburger Geschichtsprofessor Dietmar Süß beim Lesen dieser Geschichte des Kriegsendes. Dass der Autor in seinem Buch bis nach Japan, Korea und Algerien blickt, um vom Überleben und von wiedererweckter Lebenslust nach Kriegsende zu erzählen, scheint dem Rezensenten außerdem bemerkenswert. Über die zwischen den Machtblöcken stehenden "verwaisten Völker" liest er hier erstmals. Die Geschichten gewinnen noch an Faszination für ihn, wenn der Autor sie mit seiner niederländisch-britischen Familiengeschichte verknüpft. Nur beim erzählerischen Glanz hätte der Autor laut Süß gerne sparen und dafür mehr auf die Analyse setzen dürfen, um politische Machtkonstellationen und Kontinuitäten wie Diskontinuitäten über '45 hinaus besser zu erfassen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 02.05.2015

Mit viel Lob bespricht Rezensent Dirk Pilz Ian Burumas neues Buch "'45. Die Welt am Wendepunkt", das für ihn aus der Vielzahl der siebzig Jahre nach Kriegsende erscheinenden Bücher heraussticht: Der gelehrte Schriftsteller und Essayist schildere präzise und zugleich "sinnlich" wie Hoffnungen und Erwartungen, aber auch Schrecken das Leben der Menschen bestimmten. Er konzentriere sich dabei auf Stimmen, Eindrücke und Erinnerungen, berichtet der Kritiker, der Burumas Nähe zu den Menschen und ihren Gefühlen der distanzierten Geschichtsschreibung vorzieht. Bewundernd vermerkt Pilz auch die sorgfältige Recherche des Autors, etwa zu Kriegsgefangenen und Vertriebenen in Deutschland, Japan oder Indonesien und so kann der Rezensent dieses eindringliche Buch nur mit Nachdruck empfehlen.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 18.04.2015

Als Verstehenshilfe für das Begreifen des Mahlwerks der Geschichte nimmt Rezensent Ulrich Baron Ian Burumas Porträt des Jahres 1945. Mit Hilfe des Textes erkennt der Rezensent nicht nur Kontinuitäten, Diktatorendynastien und die Ignoranz der Herrschaft, sondern auch direkte Linien von damals zu den Verwerfungen von heute, seien es die Konflikte in Griechenland, der Ukraine oder im Nahen und Fernen Osten. Neben solchen Hintergrundinformationen zeigt sich dem Rezensenten bei der Lektüre auch, dass Frieden und Wohlstand nicht selbstverständlich sind.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.03.2015

Für den Genuss von Ian Burumas Geschichte der Nachkriegszeit empfiehlt Gregor Schöllgen zunächst einmal die Lektüre eines klassischen Sachbuches zum Thema, um die Hintergründe und Zusammenhänge zu verstehen. Buruma kann das nicht leisten, gibt Schöllgen zu verstehen. Indem sich der Autor für eine verengte Perspektive auf die Trümmerlandschaft Europas und des asiatisch-pazifischen Raums nach '45 entscheidet, läuft er laut Rezensent Gefahr, den unvorbereiteten Leser zu überfordern. Auch wenn Buruma sprachlich souverän und ereignisnah erzählt, wie Schöllgen versichert, das Tempo, mit dem er zwischen den Nachkriegsschauplätzen hin- und herspringt, Ereignisse und Episoden aneinanderreiht und nur vermeintlich repräsentative Geschichten erzählt, lässt den Rezensenten zweifeln, ob die Methode die richtige ist. Wenn das Fundament fehlt, meint er, wird der Leser womöglich absichtslos auf falsche Spuren geführt, etwa wenn der Autor den Fall der Journalistin Ruth Andreas-Friedrich quasi exemplarisch für die deutsche Widerstandsbewegung setzt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.02.2015

Mit großem Interesse hat der Historiker Jürgen Osterhammel Ian Burumas Buch "45" gelesen. Anschaulich stelle der Autor in seinem breit angelegten und klug arrangierten Werk dar, wie 1945 die letzten nationalsozialistischen Mordexzesse stattfanden, schließlich Vernichtungs- und Konzentrationslager befreit wurden oder Flüchtlinge und Vertriebene heimatlos umherirrten, berichtet der Kritiker. Insbesondere würdigt er Burumas Verdienst, mit gut recherchierten Lebensgeschichten an die Millionen von "Displaced Persons" in Kontinentaleuropa, Japan, China oder Südostasien zu erinnern, deren Leidensgeschichte nach 45 noch lange nicht zu Ende war. Überhaupt zeigt sich der Rezensent beeindruckt von Burumas umfassendem Blick: Großartig, wie er die Erfahrungen seiner eigenen niederländisch-britischen Familie einbindet, das heutige Indonesien als Paradigma für die entstehende Dritte Welt betrachtet oder Hunger und Not im Raum zwischen Algerien und den Philippinen schildert. Gelegentliche Unschärfen verzeiht Osterhammel da gern.
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