Isaac B. Singer

Jarmy und Keila

Roman
Cover: Jarmy und Keila
Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783633542963
Gebunden, 464 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Christa Krüger. Warschau 1911: Keila - die bereits mehrere Stationen in Bordellen hinter sich hat - hat in Jarmy, dem Ex-Häftling, ihre große Liebe gefunden. Das junge Ehepaar träumt von einem Leben außerhalb des jüdischen Ghettos, in dem das Leben von Armut und der Angst vor Pogromen geprägt ist. Dieser Traum scheint plötzlich zum Greifen nahe: Max, ein alter Bekannter, will in Südamerika das große Geld machen - das Paar soll ihm dabei helfen. Keila soll junge Mädchen für die Bordelle in der neuen Welt anwerben. Max selbst fühlt sich zu Jarmy hingezogen, dem er schon früher näherkam. Es entfaltet sich eine verhängnisvolle Dreiecksbeziehung, deren Grausamkeit Keila schließlich nicht mehr erträgt. Da tritt der schüchterne und unerfahrene Bunem in ihr Leben, der sich eigentlich auf ein Leben als Rabbiner vorbereitet... Erstmals liegt dieses bislang weithin unbekannte Meisterwerk aus Singers Nachlass nun auf Deutsch vor.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.07.2019

Wohlwollend bespricht Rezensentin Marta Kijowska Isaac Bashevis Singers erst spät entdeckten Roman "Jarmy und Keila". Die sowohl in der jüdischen Unterwelt Warschaus als auch im New Yorker Exil spielende Geschichte um die Prostituierte Keila und den Dieb und Menschenhändler Jarmy, deren Wunsch nach einem anständigen Leben immer wieder auf eine harte Probe gestellt wird, besticht laut Kritikerin durch ebenso detaillierte wie gnadenlose Milieuschilderungen, als auch durch die anschauliche Beschreibung der Situation von Migranten. Einigen Längen, Banalitäten und melodramatischen Momenten hätte man allerdings durch Überarbeitung entgegenwirken können, schließt die Rezensentin.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.06.2019

Rezensent Fabian Wolff empfiehlt Isaac Bashevis Singers Roman in der ersten deutschen und, wie er findet, weitgehend gelungenen Übersetzung von Christa Krüger. Wolff ist beeindruckt vom weiten Bogen des Romans, der 1911 in Warschaus Unterwelt beginnt und in New York endet und die Liebesgeschichte einer Prostituierten und eines Gauners erzählt. Den harten Kern unter Kitsch und Kolportage legt Wolff lesend frei und arbeitet sich an Singers Geschlechterverständnis ab, ehe er zum "überraschend zärtlichen Ende" des Buches gelangt.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 27.05.2019

Aus dem Werk des Literaturnobelpreisträgers Isaac Bashevis Singer fällt "Jarmy und Keila" insofern heraus, als der Text 1977 als Fortsetzungsroman für den jiddischen "Forverts" entstand und vom Autor nie wieder überarbeitet oder anderweitig veröffentlicht wurde, weiß Rezensent Florian Felix Weyh. Das Ergebnis enthält einerseits unverkennbar den "Singer'schen Sound" und etliche Bestandteile seines literarischen Kosmos', andererseits aber auch Untypisches wie ein klischeehaftes, sensationsheischendes jüdisches Unterweltmilieu, stellt der Rezensent fest. Auch die serielle Erscheinungsform und mangelnde Überarbeitung schlagen sich Weyhs Ansicht nach in dem Roman über die Amour fou zwischen einem jungen Gelehrten aus gutem Hause und einer Prostituierten nieder: Die Geschichte bleibt weitgehend trivial, ist handwerklich unausgereift und aus heutiger Sicht unangenehm frauenverachtend, stellt der Rezensent fest, der zum Einstieg ins Singer-Universum lieber zu "Mein Vater der Rabbi" rät.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 03.05.2019

Rezensent Martin Oehlen ist froh, dass Isaac Bashevis Singers "Jarmy und Keila", ursprünglich 1976/77 als Fortsetzungsroman in einer jüdischen Tageszeitung publiziert,  nun auch als Buch erschienen ist. Die oft "tragikomische", nicht aber romantisierende Geschichte um eine Frau im jüdischen Getto in Polen, die aus der Prostitution zu entfliehen versucht, eifrig trinkt und glaubt, bis sie mit ihrer großen Liebe nach New York flieht, erscheint dem Kritiker rasant erzählt, dabei dennoch psychologisch differenziert. Eine "glückliche Entdeckung", schließt er.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 20.04.2019

Wer einen höchst aktuellen Roman über Auswanderung aus fundamentalistischen Communities, kriminelle Migranten und Menschenhandel sucht, wird nicht in der aktuellen Produktion fündig, wohl aber in diesem Roman Singers aus den siebziger Jahren, verspricht Rezensent Dirk Schümer. Singer hat den Roman für eine längst untergegangene New Yorker Zeitung geschrieben und das merkt man ihm auf eine großartige Weise an, verspricht Schümer: Er enthalte sehr wohl Elemente von Kolportage, sei aber nebenbei viel zu detailgesättigt, um nicht auch als "Proustsche Wiedergewinnung der verlorenen Zeit" zu gelten. Und es sind eigentlich gleich zwei verlorene Zeiten: Das Warschau der jüdischen Unterwelt vor dem Holocaust, und das jiddische New York der Nachkriegszeit. Schümer ist begeistert: Singer liefert nicht nur einen an Cliffhangern reichen dramatischen Roman, sondern außerdem ein philosophisches Kunststück "schopenhauerianischer Weltanschauung". Mit Lob bedenkt Schümer auch die "angenehm lakonische" Übersetzung Christa Krügers.