J. Hellmut Freund

Vor dem Zitronenbaum

Autobiografische Abschweifungen eines Zurückgekehrten
Cover: Vor dem Zitronenbaum
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005
ISBN 9783100233035
Gebunden, 577 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Vikki Schaefer und Leo Domzalski. Ein Leben, im Gespräch erinnert: Von behüteter und doch bedrohter Berliner Kindheit, schweren, aber bereichernden Jahren des Exils, von Musikern, Literaten, Künstlern, von Lebenserfahrungen und Lebensfreundschaften erzählt J.Hellmut Freund - fast ein halbes Jahrhundert lang und bis zuletzt Lektor im S.Fischer Verlag. Vierundvierzig Jahre, in denen Hellmut Freund als Lektor das Programm des S.Fischer Verlags mitgestaltet hat, sind mit einer Auswahl der von ihm verfassten Texte zu "seinen" Büchern dokumentiert. Eine Gesprächsaufzeichnung aus dem Jahr 1993 liegt dem Buch als CD bei.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.04.2006

Besonders die Freundschaften zu Musikern gehörten zu den eindringlichsten Kapiteln der "autobiografischen Abschweifungen", berichtet Rezensentin Ursula Pia Jauch von einer überraschend frohgestimmten Lektüre. Denn obwohl der junge J. Hellmut Freund mit seiner jüdischen Familie nach Uruguay emigrieren musste, sei die erste Botschaft seiner Autobiografie die pure "Lust am Erzählen". Hinter Freunds solcherart bukolisch erzählter Berliner Kindheit mit allen Gerüchen und Abschweifungen macht die Rezensentin ein "ästhetisches Prinzip" aus, das sie "Großmut" nennt. Wo andere auf die zunehmend feindlichere Umgebung schauten, schreibe Freund "versöhnlich". Mit dieser Perspektive, so die Rezensentin gelinge es Freund, aus einer bitteren Erinnerung wie dem Ausreiseantrag der Familie erhebliche Komik zu ziehen. Die Rückkehr nach Deutschland, wo Freund vierundvierzig Jahre als Lektor des Fischer Verlags tätig war, ist der Rezensentin zufolge aber kaum noch "einen Exkurs wert".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 14.12.2005

Eine Hommage an einen "allseits Geachteten, eine Institution, einen Unentbehrlichen" ist Hans-Klaus Jungheinrichs Rezension zur Autobiografie J. Hellmut Freunds, der bis zu seinem Tod 2004 "großer" Lektor im Frankfurter S. Fischer-Verlag war. Ergriffen ist er vom anhaltenden "Charme Freundscher Formulierkunst", mit dem er in Gesprächen mit der Journalistin Vikki Schaefer Eindrücke aus den Berliner Kinderjahren als Jude schildert, seine ausgreifenden intellektuellen Interessen als "Polyhistor und Polytechnikus" oder sein offenbar "von ödipalen Konflikten" verschontes Leben bei seinen Eltern, das ihn daran hinderte, "für eine Frau oder einen Mann mehr als freundschaftliche Gefühle empfunden zu haben". Nicht umhin kommt Jungheinrich seine "schwärmerischen wie prägnant charakterisierenden 'Abschweifungen'" hinsichtlich der Musik zu erwähnen, die ihm viel bedeutete. Gerundet wird die Autobiografie, so der Rezensent, durch eine "noble und einfühlsame" Einführung durch die Verlegerin Monika Schoeller zu Beginn.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.11.2005

Jürgen Busche spricht eine wunderbare Empfehlung aus, die unbedingt wiedergegeben werden muss: "Wer zwei, drei Tage frei hat, fahre in ein schönes Hotel in bezaubernder Landschaft. Er achte auf guten Rotwein und auch sonstige Freuden. Dann nehme er sich die Stunden zur Lektüre dieses Buchs. Besser kann man seine Zeit kaum zubringen." Die Gründe für des Rezensenten Verzückung: J. Hellmut Freund, der legendäre Lektor bei S. Fischer, erzählt sein Leben - die Nazizeit, die Emigration nach Uruguay, die Rückkehr nach Deutschland und alles, was ihn bewegte - im "Berliner Gesprächston". Also ganz den Launen der Erinnerung folgend, begeisternd und schwungvoll. Und vor allem: abschweifend, vor allem, wenn es um Musik geht. Jede dieser Abschweifungen hat Busche genossen, als wäre sie selber eine geliebte Komposition. Vieles, berichtet er, ist zum Lachen; anderes berührt tief. Das ganze Buch aber ist - eine große Freude.
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