Jan Eike Dunkhase

Werner Conze

Ein deutscher Historiker im 20. Jahrhundert
Cover: Werner Conze
Vandenhoeck und Ruprecht Verlag, Göttingen 2010
ISBN 9783525370124
Gebunden, 378 Seiten, 39,90 EUR

Klappentext

Werner Conze (1910-1986) zählt zu den bedeutendsten, aber auch umstrittensten deutschen Historikern im 20. Jahrhundert. Mit seinen sozial- und begriffsgeschichtlichen Pionierleistungen trug er nach 1945 wesentlich zur Perspektiverweiterung der westdeutschen Geschichtswissenschaft bei. Als junger Historiker hatte er dem Nationalsozialismus entgegengearbeitet, wozu er nach dem Krieg nie öffentlich Stellung nahm. Auf der Grundlage eines neu erschlossenen Nachlasses und weiterer bislang unberücksichtigter Quellen verfolgt die Biografie die wissenschaftlichen und politischen Metamorphosen des Historikers zwischen Drittem Reich und Bundesrepublik.

Nach einer Untersuchung der frühen Jahre bis Kriegsende wechselt die Darstellung von einem einzelnen linearen Erzählstrang in die Multiperspektivität mehrerer Geschichten über, die jeweils die paradigmatische Frage nach Kontinuität und Bruch in seinem Werk und Wirken aufwerfen. So geht es um die liberal-bürgerliche Restauration des Hochschullehrers in Westdeutschland, den Umschwung von der Volksgeschichte des deutschen Bauerntums zur Sozialgeschichte der industriellen Welt, die andauernde Orientierung am zentralen Leitbild der Nation, das geschichtspolitische Wirken im Ost-West-Konflikt, die der Tendenz nach apologetische Zeitgeschichtsschreibung und zuletzt die Marginalisierung des Holocaust.
Im Ergebnis entsteht das Bild eines konservativen Erneuerers der westdeutschen Geschichtswissenschaft, der sich mit seinen vielfachen Wandlungen einerseits in die Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik einreihen lässt, andererseits aber mit seinem Bemühen um die Wahrung von Kontinuität über den Bruch von 1945 hinweg auch die historische Hypothek des Nationalsozialismus verkörpert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.05.2011

Für gründlich gescheitert hält Rezensent Ingo Haar diesen Versuch Jan Eike Dunkhases, den Historiker Werner Conze als "konservativen Modernisierer" darzustellen. Dafür geht der Autor dem Rezensenten viel zu unsolide vor. Dass Dunkhase von seinen 210 Seiten nur 40 Conzes steiler Karriere unterm Nationalsozialismus widmet, hält er für sysmptomatisch. Denn, möchte Haar klarstellen, Conze war kein angepasster Mitläufer. Er war einer "der radikalsten Antisemiten der Zunft", befeuerte Hitlers Ostfeldzug mit Propaganda und trat 1943 im besetzten Polen eine Professur für Siedlungsgeschichte an. Von Dunkhase werde Conzes Harmlosigkeit behauptet, nicht belegt, bemängelt der Rezensent. Aber auch Conzes Wirken in der Bundesrepublik findet der Rezensent nur unzureichend beleuchtet. Wie kann der Autor Conze der neuen Sozialgeschichte zurechnen, wo Conze doch nach 1945 herzlich wenig zu ihrer Neukonzeption beitrug. Er war das Gegenstück zur kritischen Meinecke-Schule. Haar fragt sich, warum so viele wahre Modernisierer wie Hans Rosenberg und Eckart Kehr, Veit Valentin und Hedwig Hintze im Dunkeln bleiben.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.05.2010

Vor "übereifriger Zunftkritik" möchten Autor und Rezensent den Historiker Werner Conze (1910-1986) in Schutz nehmen. Jan Eike Dunkhases Würdigung Conzes als Hochschullehrer und Bürger erscheint dem Rezensenten Rainer Blasius "hochinformativ" und "flüssig geschrieben" und in ihren Ergebnissen betreffend Conzes Verhältnis zum Holocaust (laut Autor weitgehend ein "Nicht-Verhältnis") offenbar nachvollziehbar. Conze, in den siebziger Jahren Vorsitzender des Historikerverbands, hatte vor dem Zweiten Weltkrieg über die "Entjudung" Osteuropas geschrieben und später "die Vertreibung der Deutschen mit der Vernichtung der Juden quasi auf eine Stufe" gestellt, zitiert der Rezensent den Autor. In der Bundesrepublik machte er dann Karriere, auch weil Hans Rothfels eine "schützende Hand" über Conze hielt. Der Rezensent referiert dies alles, ohne mit der Wimper zu zucken.
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