Jens Bisky

Die deutsche Frage

Warum die Einheit unser Land gefährdet
Cover: Die deutsche Frage
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2005
ISBN 9783871345265
Gebunden, 220 Seiten, 12,90 EUR

Klappentext

Der Nachbau der Bundesrepublik in den neuen Ländern ist misslungen, Deutschland ökonomisch, sozial, politisch und kulturell geteilt. Um dies zu ändern, sind weitere Milliarden versprochen, als müsse es so bleiben: Der Westen zahlt, und der Osten leidet am Tropf. Vereint rennen sie einem Trugbild von Einheit mit gleichen Werten und gleichen Lebensbedingungen hinterher. Zu dieser "inneren Einheit" wird es aber nicht kommen. Im Gegenteil. Jens Bisky zeigt, warum die seit fünfzehn Jahren andauernde Vereinigungskrise das gesamte Land gefährdet: Sie schwächt dessen Wirtschaftskraft, untergräbt das Vertrauen in die Demokratie und schürt dramatische Verteilungskonflikte, auf die die Deutschen nicht vorbereitet sind: zwischen Ost und West, Jung und Alt, Arm und Reich. Die aktuelle deutsche Frage lautet daher: Wie können in einem Staat zwei verschiedene Gesellschaften miteinander leben, ohne im Abstiegskampf zu erstarren? Überfällig ist ein neues Bild von der Einheit. Eine Rückkehr zum Komfort von gestern wird es nicht geben. Was aber dann?

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.01.2006

Die düstere Lage in Ostdeutschland ist für den "pra." Rezensenten Anlass zu großer Sorge. Die will und kann ihm Jens Biskys Buch zum Thema nicht nehmen. Dem in Ostdeutschland aufgewachsenen Feuilletonredakteur der "Süddeutschen Zeitung" gehe es vor allem um die sozialen, kulturellen und politischen Folgen der katastrophalen Wirtschaftssituation im Osten. Wie der Rezensent referiert, hat sich Ostdeutschland nach Biskys Analyse als unterentwickelte, periphere Region etabliert, die nie mehr ins Zentrum des Geschehens zurückkehren wird. Insbesondere hebt er Biskys Mahnung hervor, die schwache ostdeutsche Gesellschaft befinde sich in einem Auflösungsprozess. Biskys Ansicht, dass eine Neuorientierung vonnöten ist, die statt der Sehnsucht nach vergangener Sicherheit die Chancen der Freiheit in den Vordergrund rückt, kann sich der Rezensent nur anschließen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 29.09.2005

Wilhelm von Sternburg kann diesem Buch, in dem Jens Bisky einen "schonungslosen Zustandsbericht" des wiedervereinigten Deutschland vorlegt, alles in allem nur zustimmen. Für seine "pessimistischen Betrachtungen", die in der Wiedervereinigung den "ersten großen Misserfolg der bundesdeutschen Geschichte" sieht, biete der Autor viele Belege, so der Rezensent überzeugt. Biskys Verurteilung der Illusion eines "ungebrochenen Wirtschaftswachstums" und der "Vollbeschäftigung", schließt sich Von Sternburg an und auch die Lösungsansätze des Autors, der sich für eine stärkere Förderung von Bildung und für eine "Neuorganisation des Sozialstaates" einsetzt, lobt er als vernünftig. Dies alles sei zwar nicht besonders "originell", aber angesichts der Tatsache, dass diese Erkenntnisse in der Politik immer noch nicht umgesetzt würden, seien es trotzdem "wichtige Wegweiser", so der Rezensent zustimmend.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.09.2005

Einige wunde Punkte hat Jens Bisky offenbar mit seiner "Polemik wider unrealistische Wachstumsträume", meint Ulrike Baureithel. Bisky erklärt den Ost-West-Gegensatz zum Hauptwiderspruch der deutschen Gesellschaft, woran auch die 1250 Milliarden Euro Bruttotransfer bisher nichts ändern konnten. Nach der dramatischen Deindustrialisierung und der "schöpferischen Zerstörung der sozialistischen Ökonomie", die noch zu Beginn der neunziger Jahre wirkte, sei Ostdeutschland nun von einer Duldungsstarre erfasst. Man richte sich ein im "komfortablen Elend" und halte still. Von "postfordistischer Avantgarde" keine Spur. Statt den Traum von der flächendeckenden Erlösung weiter zu alimentieren, schlägt Bisky vor, den Solidarpakt II aufzukündigen und das Geld lieber in Bildung und "intelligentes Schrumpfungsmanagement" fließen zu lassen. Baureithel kritisiert zwar einige schwache Stellen des Buchs und bezweifelt, dass Biskys Angewohnheiten, Umfragewerte als reale Konstante zu betrachten, zum Erfolg führen. Loben muss die Rezensentin aber die "souveräne, materialreiche und blendend geschriebene Analyse", von der sie hofft, dass sie der Politik schlaflose Nächte bescheren wird.
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