Jeremy Rifkin

Der Europäische Traum

Die Vision einer leisen Supermacht
Cover: Der Europäische Traum
Campus Verlag, Frankfurt am Main 2004
ISBN 9783593374314
Gebunden, 464 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Hartmut Schickert. Welches politische System bietet langfristig Frieden, Gerechtigkeit und Humanität? Jeremy Rifkin macht sich auf die Suche nach einer neuen, zukunftsfähigen Weltordnung. Und er findet sie - in Europa. Der alte Kontinent ist der Hoffnungsträger für eine gerechtere Welt. Die USA haben als Vorbild ausgedient, für Rifkin ist Europa das Vorbild für die Welt. Europas Arbeits- und Sozialpolitik ist humaner als die der USA, die Lebensqualität der Menschen höher. Europa hat alte Feindschaften überwunden und vorbildliche Formen des Miteinanders entwickelt. Der neue Wirtschaftsraum ist der größte der Welt, doch die leise Supermacht setzt auf Nachhaltigkeit und Ausgleich. Rifkin beschreibt Europa als gigantischen Laborversuch, der als Modell für die ganze Welt dienen kann.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.11.2004

Nicht wirklich überzeugt zeigt sich Rezensent Nikolaus Piper von Jeremy Rifkins Essay "Der europäische Traum", der das alte, gescholtene Europa als Vorbild für die USA und die Welt präsentiert. Zwar gesteht er dem Autor gern zu, dass die Produktivität der europäischen Industrie über viele Jahre schneller gewachsen ist als die amerikanische, die durchschnittliche Lebenserwartung höher liegt, und die Europäer bei der Pisa-Studie nicht schlecht abschneiden. Was Rifkin aber im Weiteren schreibt, hat nach Ansicht Pipers mit der Realität der EU immer weniger zu tun. Er lobe die europäischen Positionen in der Außenpolitik, beim Kampf gegen die Gentechnik und beim Tierschutz. Die realen Probleme der EU, etwa die fragwürdige Legitimationen ihrer Entscheidungen, kümmerten ihn aber kaum. "Rifkin hat einen amerikanischen Anti-Traum, ein gegen das Bush-Amerika gerichtetes Projekt", analysiert Piper, "das der Autor auf Europa projiziert." Interessant findet er Rifkins Essay nur als "Beschreibung der Hoffnungen und Träume von amerikanischen Intellektuellen, die sich im Amerika der Gegenwart nicht mehr zu Hause fühlen".
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.10.2004

Jeremy Rifkin hat einen für einen Amerikaner untypischen Traum. Er träumt von Europa. Dem alten Kontinent mit seiner Kooperativität, mit seiner Polyperspektivität, mit seinem Gemisch aus Individualismus und Mehrfachidentitäten - europäisch, national, regional - gehört die Zukunft, meint der amerikanische Polit-Theorie-Tausendsassa. Europa wird den USA das Heft des Handelns auf lange Sicht aus der Hand nehmen. Der amerikanische Traum, so Rifkin, ist ausgeträumt. Allerdings dämpft Rezensent Robert Misik die transatlantische Begeisterung wieder ein bisschen. Er sieht in Rifkin den geschickten Promoter einer Idee, in die er sich verliebt hat. Und er sieht auch einen Bestsellerautor. Was, so Misik, ist denn beispielsweise mit der Tatsache, dass weltpolitisch nicht das gepriesene Europa, sondern Amerika den Takt vorgibt? Und ist wirklich alles so rosig-harmonisch-heiter in unserem Teil der Welt, wie Rifkin suggeriert? Und wollen wir Europäer nicht alle insgeheim Amerikaner sein? Und dann lässt Misik sich doch anstecken und beginnt auch zu träumen, vorsichtig, von dem Aufstieg einer neuen alten Weltmacht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.10.2004

Martin Hartmann bespricht dieses Buch von Jeremy Rifkin zusammen mit Timothy Garden Ashs "Freie Welt. Europa, Amerika und die Chance der Krise" - als zwei Beiträge zu dem "Riss", der zunehmend durch die transatlantischen Beziehungen gehe. An beiden Büchern hat der Rezensent viel auszusetzen, doch Rifkin kommt eindeutig schlechter weg. Für Hartmann beruft sich Rifkin allzu selektiv und durchsichtig allein auf Datensätze, die Vorzüge und Stärken Europas belegen sollen - die dann "in nahezu penetranter Weise" gegen die USA ausgespielt würden, um den "europäischen Traum" als den "moralisch überlegenen" zu beschreiben: als sozialer, ökologisch verträglicher und politisch gemäßigter. Hartmann bescheinigt Rifkin zwar ein Gespür für die "Fallen des Nationalismus, in die auch ein vermeintlich postnationales Denken hineinlaufen kann", das Buch aber gehe dann doch selbst in eine solche. Nur wenn es gelingt, den gescheiterten amerikanischen Traum auf globaler Ebene durch den europäischen zu ersetzen, so müsse man Rifkin verstehen, könne der geplagten Welt wieder Hoffnung gegeben werden.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 31.08.2004

Als "europäischer Leser" findet Justus Uwe Wenzel das Pathos Jeremy Rifkins wirklich rührend. In seinem neuen Buch beschwört Rifkin nämlich den "Europäischen Traum" als Gegenbild zum sprichwörtlichen Amerikanischen Traum; während letzterer sich nach Rifkins These auf dem absteigenden Ast befinde, gehöre Europas Vision die Zukunft. Trotz aller Rührung findet Wenzel diese Gegenüberstellung - Rifkin kontrastiert beispielsweise das europäische Anstreben von nachhaltiger Entwicklung mit dem ungehemmten Wachstumsdenken der Amerikaner - arg "in Holz geschnitten". Gleichwohl, so räumt er ein, scheint die wirkliche Entwicklung "den Klischees entgegenzukommen". Auch Rifkins historische Erklärung für die Defizite des Amerikanischen Traums gleitet für den Geschmack des Rezensenten etwas zu sehr ins "Geschichtsphilosophische" und "Vage" ab. So sieht Rifkin Amerika auf dem Stand eines "Europa des 18. Jahrhunderts". Während nach Rifkin in dieser Zeit die Kräfte von Reformation und Aufklärung in Europa eine Synthese in Form des "demokratischen Sozialismus" fanden, blieben diese Kräfte in Amerika in separater "Reinform", als "frömmste" Religiosität und "enthemmter Kapitalismus" erhalten. Laut Rezensent Wenzel hätte dieses "Ursprungsszenario" etwas mehr "Klarheit" vertragen können. Alles in allem sei Rifkins Buch aber auch eher "Appell" und "Muntermacher für deprimierte Alteuropäer" denn "sozialwissenschaftliche Studie". Und der Europäische Traum, so schließt Wenzel, sei zuvörderst der "Traum eines Amerikaners".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.08.2004

Mathias Greffrath meint, dass der amerikanische Publizist und Leiter der Foundation on Economic Trends Jeremy Rifkin mit seinem neuen Buch "aufs Ganze geht", wenn er Europa als "letzten Hort des Widerstands" gegen Globalisierung, Umweltzerstörung und den Verlust der kulturellen Vielfalt beschwört. Für den Autor hat sich der "Amerikanische Traum" ausgeträumt und er postuliert an dessen Stelle seinen "Europäischen Traum", bemerkt der Rezensent. Er beschreibt das Buch als in erster Linie für Amerikaner konzipiertes "populäres Lern- und Lesebuch" über die Gegensätze der amerikanischen und europäischen Zivilisation, und er scheut sich bei seinem geschichtlichen Abriss dieser Zivilisationen nicht vor "idealistischer Überzeichnung" und "Vergröberungen", wie Greffrath kritisch aber auch beeindruckt bemerkt. Er glaubt zwar, dass Rifkins Bild von Europa vor allem Wehmut und "nostalgisches Lächeln" bei seinen europäischen Lesern hervorrufen wird. Doch räumt der Rezensent ein, dass ihn die historische Betrachtung der Errungenschaften der europäischen Zivilisation durchaus auch mit ein bisschen "Stolz" erfüllt. Das Buch stellt aber vor allem eine "Europakunde für patriotische Amerikaner" dar, gibt Greffrath zu bedenken und er fragt sich deshalb, ob es denn auch europäischen Lesern etwas Interessantes zu bieten hat. Immerhin, der Autor will mit seinem Buch Mut machen, auch wenn er dabei mitunter etwas "redundant" ist, erkennt der Rezensent an und er betont, dass Rifkin dabei durchaus nicht "naiv" daherkommt.